• Luxemburgs Außenminister Asselborn und der der Aktienmarkt als Ganzes, scheinen die Niederlage Renzis beim italienischen Referendum gleichermaßen einzuordnen. Beide kanzelten dieses Ereignis als „innenpolitischen Auseinandersetzung“ ohne Wirkung auf Europa ab. Mich erinnert das irgendwie an das lediglich „regionale Bedeutung“ und fehlende „gesellschaftliche Relevanz“ der Tagesschau in einer anderen Sache. Egal, damit hat man sich kollektiv in ein Paralleluniversum verabschiedet und fristet ein Dasein irgendwo jenseits des dritten Gamma-Quadranten.
    Apropos Gamma. Wie am Freitag geschrieben, nährt die Hausse die Hausse, da Broker/Market-Maker an den Optionsmärkten in dieser Price-Action ihr Gamma-Exposure extrem steuern müssen, und zu „Forced Buyers“ am Aktienmarkt werden. Dazu strömt Cash, welches in der langwierigen Seitwärtsspanne an der Seitenlinie geparkt war. Algos und die selbserfüllende Prophezeihung einer „Santa Rally“ (Saisonalität) tragen ihr Übriges dazu bei.
  • Fundamentaldaten, politische Risiken, extreme technische Divergenzen, Renditeunterschiede innerhalb des Anleihespektrums, das alles wird am Markt momentan komplett ausgeblendet. Das Wort „dislocation“ macht an der Wall Street aber trotzdem die Runde. Was bedeutet das? Aktuell ist man zwar euphorisch und freut sich über Kursgewinne so kurz vor Jahresultimo, aber hinter den Kulissen steigt die Sorge vor gefährlichen Ungleichgewichten. Man hat Angst vor einem Gummiband, welches man vorher extrem anspannte und welches mit absoluter Gewissheit irgendwann zurückschnalzt.
    Ein Beispiel gefällig?!? Natürlich sind sämtliche Modelle an den Kapitalmärkten mit äußerster Vorsicht zu geniessen, das haben Taleb und Mandelbroth in ihren Werken aufgezeigt, aber sie geben doch zumindest Anhaltspunkte für die absolute Seltenheit der aktuellen Phänomene. So befindet sich die Renditedifferenz zwischen Bundesanleihen (0,36%) und amerikanischen Treasuries (2,47%) im Zehnjahresbereich mehr als zwei Standardabweichungen über dem, was man im aktuellen Marktumfeld erwarten würde. Das impliziert, dass (eigentlich) die Renditen der Bundesanleihen stark steigen, oder die ihrer US-Pendants stark fallen müssten. Welche „Seite“ soll man auf Basis dieser Information denn eingehen, fragt sich die orientierungslose Händlerzunft in einem zunehmend gefährlich illiquide werdenden Marktsegment.
  • Ein weiteres Beispiel für die „Disclocation“ lieferte die letzten drei Tage der Optionsmarkt (oben beschriebene Gamma-Problematik). Normalerweise fällt der Volatilitätsindex Vix um einen Prozentpunkt, wenn der S&P500 um einen Punkt steigt. Gerade steigt beides gleichzeitig. Die Analysten der Royal Bank of Canada schreiben richtigerweise: „The way you know there is a panic capitulation into „long stocks“? When both VIX and index travel higher at the same time.“ Wie wird sich diese „Dislocation“ wohl bereinigen???
  • Wenigstens in einigen Teilbereichen des Anleihemarktes geht es noch mit rechten Dingen zu. Nach der „dovish Taper“ Entscheidung der EZB, geht das Re-Pricing in der Peripherie weiter. So stiegen die Renditen der 10j Portugiesen am Freitag um weitere 10 Basispunkte auf mittlerweile 3,84%. Das ist +30bp in nur zwei Handelstagen. Auch der Spread der italienischen Staatsanleihen (BTPs) stieg nach einer zwischenzeitlichen Erholungsphase wieder an, insbesondere, nachdem die EZB die Anfrage nach Aufschub der Kapitalerhöhung von Monte dei Paschi blockierte. Es sei aber trotzdem auf die Tatsache verwiesen, dass 10j italienische Staatsanleihen in der Rendite weiterhin unter (!) den amerikanischen Treasuries handeln. Klar, hier sind die EZB-Käufe maßgeblich. Wie lange ist das aber noch möglich mit Blick auf die Staatsverschuldung (GDP Ratio > 30% über den USA), die Pleitebanken und politischen Risiken (Neuwahlen/5Sterne/Lega Nord).
    Noch eine „Dislocation“ gefällig? Vor sage und schreibe 1.956 Tagen hat es im S&P500 letztmalig eine Korrektur von 20% gegeben. Seit 1928 gerechnet, entspricht das mehr als dem dreifachen des historischen Durchschnitts.
  • Hauptaugenmerk gilt in der neuen Woche dem FOMC-Meeting. Die Zinserhöhung, wenn sie denn tatsächlich kommt, ist zu fast 100% eingepreist. Trotzdem ist nicht auszuschließen, dass der Dollar seinen Höhenflug nach kurzer Unterbrechung fortsetzt. Insbesondere dann, wenn die Fed in der begleitenden Rhetorik sehr „hawkish“ auftreten sollte. Der feste Greenback, zusammen mit steigenden Anleiherenditen ist und bleibt das Damoklesschwert für alle anderen Risk-Assets. In der Zwischenzeit geniessen wir aber die Santa-, Honeymoon-, Trump oder Dingsda-Rally erst einmal weiter. Ihr Ende wird früher oder später kommen.
  • In Asien legt der Ölpreis heute Morgen kräftig zu (+ 5,8%, höchstes Level seit 17 Monaten, Non-OPEC stimmt Deal zu, Saudi Arabien möglicherweise mit weiterer Kürzung) und wird zum erneuten Belastungsfaktor für Anleihen. Aktien in Fernost gemischt. China deutlich schwächer aufgrund der Sorge um Trump-Agenda und Immobilienblase. Weitere Abwertung des Yuans im Fixing gegen den Dollar (6,9086 vs. 6,8972).
    – Tweet der Woche: „Wenn du kluge Menschen nicht brechen kannst, kriminalisiere sie.
    #postfaktisch
    Fly on!“

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