• Das groteske Spiel der Fed bezüglich möglicher Zinserhöhungen geht weiter. Seit eineinhalb Jahren halten die Notenbanker mit ihrer wir werden, wir werden vielleicht, wir könnten, wir könnten aber auch nicht -Rhetorik die Märkte in Atem. Manchmal trägt das ganze seltsame Blüten, so wie am gestrigen Tag. Die passende Zusammenfassung für die Price-Action wäre gewesen: „Stocks and bonds at highs of the day on interest fears.“ Das scheint ein Widerspruch in sich zu sein. Aktien- und Bondpreise hoch, trotz anstehender Zinserhöhung???
  • Nun, was ist passiert? Nach der Veröffentlichung des Fed-Sitzungsprotokolls legten die wichtigsten US-Indizes deutlich zu. Gleichzeitig präsentierten sich US-Staatsanleihen stabil bis freundlich, Gold, Öl, Emerging Markets stiegen, der Dollar-Index fiel. Das ist verwunderlich, denn die Mitschriften der Oktober-Sitzung waren eindeutig „hawkish“. Die Zeit für den ersten Zinsschritt nach oben in knapp einem Monat (16.12) scheint also gekommen zu sein. In punkto Marktrichtung, schien das also gestern auf den ersten Blick alles keinen Sinn zu machen.
  • Es gibt hierfür mehrere Interpretationen. 1) Man glaubt tatsächlich, dass sich die wirtschaftliche Dynamik in den USA verbessert (z.B. starke Payrolls). 2) Man glaubt die Fed traut sich ähnlich wie im September doch nicht und zieht wieder zurück. 3) Man glaubt, dass nach einer ersten Zinserhöhung im Dezember dann nichts mehr kommt, oder danach sogar wieder eine neue Runde der Politik des billigen Geldes eingeläutet wird (da sonst Rezession). Was den gestrigen Tag betrifft, glaube ich an letztere Deutung. Dafür spricht unter anderem das Verhalten der amerikanischen Zinsstrukturkurve. Diese verflachte sich gestern. Am kurzen Ende stiegen, am langen Ende fielen die Renditen. Das Langläufer im Gegensatz zu kurzlaufenden Anleihen gesucht waren deutet darauf, dass Marktteilnehmer mit einen „policy errror“ der Fed rechnen. Zinserhöhung im Dezember ja, doch dann wird dieser „Fehler“ schnell wieder korrigiert.
  • Trotz der starken Aufwärtsdynamik, war es eigentlich gestern ein eher ruhiger Tag an der Wall Street. Der Hauptanstieg der Indizes erfolgte in den letzten beiden Handelsstunden. Es fühlte sich alles eher an wie „Short Covering“. Das Volumen war ein Witz und ähnlich wie am Montag und Dienstag, nämlich unterdurchschnittlich. Das spricht weiterhin nicht für die Nachhaltigkeit der Bewegung. Den meisten Händlern ist das allerdings momentan egal. Sie glauben an die Jahresendrally. Wir haben nur noch 30 Handelstage in 2015. Diese 30 Tage hatten die letzten 12 Jahre immer eine positive Bilanz. Allerdings ist es nicht selten zu früh und kostet Nerven, bereits jetzt auf diese Saisonalität zu setzen. Das hat 2014 gezeigt, als der Dezember mit einem Mini-Crash aufwartete (Endsaldo damals +0,35%).
  • Technisch geht der Tanz im S&P um die wichtige 200-Tagelinie weiter. Die Indikatoren für Markttiefe (breadth) haben sich zwar leicht verbessert, sind aber noch lange nicht überzeugend. Egal ob positive oder negative Handelstage im US-Aktienmarkt, wir haben momentan im breiten NYSE-Index täglich deutlich mehr Aktien mit neuen Tiefs vs. neuen Hochs (gestern 91 zu 28). Das ist und bleibt nicht gesund. Auch hat der Credit-Markt (US Unternehmensanleihen) die Party erneut nicht mitgemacht. Diese Divergenz ist wichtig und besorgniserregend.
  • Wie so oft in letzter Zeit an dieser Stelle geschrieben: Best Case für 2015 im S&P ist ein Seitwärtshandel. Bullen sollten in diesem Fall einen Anlauf auf die 2.100 „faden“, Bären dagegen im Anlauf auf die 2.000 die Segel streichen. Worst case: Deutlich schwächere Notierungen. Trotz der gestrigen Rally, ist der S&P auf monats- und jahresbasis unverändert.
  • VW: Die kalifornische Umweltbehörde CARB hält kurz vor Ablauf des Ultimatums den Druck auf VW aufrecht. „Wenn sie keinen Plan vorlegen, der für uns und die EPA akzeptabel ist, dann stehen uns Strafen zur Verfügung – es geht nicht so ewig weiter, es gibt eine Deadline“, sagte CARB-Chefin Mary Nichols der DPA. Am Freitag läuft für den Konzern eine erste Frist ab, innerhalb derer Vorschläge für einen Rückruf von knapp 500T Dieselautos unterbreitet werden muss.
  • Japan: Trotz Rückfalls in die Rezession will die Notenbank BoJ voerst auf weitere Lockerungen verzichten. Man glaubt an eine moderate Erholung der Wirtschaft. Exporte im Oktober -2,1% (erw. -1,9%), erster Rückgang seit August 2014, Konjunkturschwäche in China und anderen asiatischen Ländern seien der Hauptgrund dafür.
  • Märkte in der Nacht: US-Treasuries seitwärts. Aktien freundlich. EUR/USD über 1,070, Öl hoch.

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