- Die Angst, dass die Zentralbanken im Endstadium ihres geldpolitischen Abenteuers nicht mehr genug liefern (BoJ), gepaart mit der Befürchtung, dass ihnen dabei sogar die Munition ausgeht (Fed), belastete gestern alle Risikoanlagen.
- Das Ganze passiert zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt,……dem Brexit. Je aggressiver man den Briten Angst vor einem Brexit macht, umso mehr stimmen sie dafür. Gestern wurden weitere Umfragen veröffentlicht, die nicht nur das Lager der Brexit-Befürworter deutlich vorne sehen. Alle zeigen, dass die Zahl der Unentschlossenen deutlich sinkt (z.B. um 5 Prozentpunkte auf 13%). Eine Katastrophe für Premierminister Cameron, denn eben diese Gruppe hoffte er mit seiner Angst-Kampagne zu gewinnen. EU-Kommissar Donald Tusk beziffert die Brexit-Wahrscheinlichkeit selbst mittlerweile auf 50/50. Die letzten fünf Umfragen zeigten nun bereits einen Vorsprung für „the leave Campaign“. Bei dem Referendum in Schottland, bei dem Cameron ebenso aggressiv auf das „Stockholm Syndrom“ setzte, war das so kurz vor der tatsächlichen Abstimmung nicht der Fall. Es wird jetzt wirklich ernst für das EU-Establishment.
- Der „Risk-Off“-Tag hatte die üblichen Begleiterscheinungen: Aktien & Öl sackschwach, Bundesanleihen gesucht, Edelmetalle gehämmert „Geld“, Yen knacke fest und Bitcoin ……..ohne Worte. Die schon oft totgesagte digitale Währung hat seit Jahresanfang bereits um 170% zugelegt. Die Rendite der 30-jährigen schweizer Staatsanleihen fiel erstmals auf 0%. Die Angst der Zweitrundeneffekte eines Brexits führen dagegen auf der anderen Seite zu sich ausweitenden „Spreads“ bei den griechischen Anleihen. Die Rendite der zehnjährigen Papiere stieg auf 8,35%. Auch der Euro kam deshalb trotz einer sehr „dovishen“ Fed unter die Räder (EUR/USD -1% @1,1138). Bei den Einzelaktien nahm die Deutsche Bank ihre Talfahrt wieder auf. Das Papier handelt mit knapp unter 13 Euro auf einem neuen Rekordtief. Niedriger als während der Lehman-Pleite. Missmanagement in allen Sparten, die Konzeptlosigkeit bei der Strategie (wo sollen die Gewinne in der Zukunft herkommen?), die Selbstbedienung der sogenannten Leistungsträger, die unsäglichen Rechtsstreitigkeiten und die drohende Kapitalerhöhung, sorgen hier seit Jahren für ein Trauerspiel. Jetzt kommt der Brexit dazu. Wie hoch ist hier das „Exposure“???, fragten sich immer mehr Marktteilnehmer. Der Stoxx 600 Bank Sub-Index fällt auf das niedrigste Niveau seit dem 11. Februar.
- Mit dieser Zusammenfassung wäre der Handelstag dann auch schon vorbei gewesen, wenn nicht noch etwas wirklich Schreckliches passiert wäre. Kurz bevor die Schlussglocke in Frankfurt ertönte, kam die Schlagzeile von der in Leeds auf offener Straße ermordeten Labour-Abgeordneten Jo Cox. Was das mit der Börse zu tun hat? Das habe ich mich zunächst auch gefragt. Nun, sofort machte sich an den Kapitalmärkten die Hoffnung breit, die Brexit-Abstimmung könnte aufgrund dieser Tat verschoben werden. Viele Medien ließen es sich nicht nehmen, den psychisch kranken Täter indirekt in Verbindung mit dem Lager der Brexit-Befürworter zu bringen. Risikoanlagen erholten sich daraufhin deutlich von den Tagestief. Staatsanleihen und Gold gaben einen Teil ihrer Kursgewinne wieder ab. Wie schon an gleicher Stelle geschrieben,….. es gibt Tage, an denen muss man sich für diesen Markt einfach nur schämen. Für die Medien sowieso.
- Die Aktienmärkte in Asien handelten heute fest. Die Hoffnung auf Yen-Interventionen seitens der japanischen Notenbank treiben die Kurse. Für den Morgen war ein Meeting angesetzt zwischen BoJ und dem Finanzministerium. Nikkei schliesst +1,1%. Auf Wochenbasis allerdings -6%!