• Gestern unterhielt ich mich länger mit einem sehr guten Freund und Geschäftspartner über das, was da draußen in der Welt gerade passiert. Dabei ging es nicht nur um Dinge wie die Entwicklungen am Kapitalmärkt, Niedrigzinsen, Euro-Rettung, Politik und Flüchtlingsströme. Wir sprachen auch über unseren Mikrokosmos, unseren Alltag mit Familie, Freunden und Mitmenschen. Es ging dabei auch um unsere Gesellschaft als Ganzes, denn das alles steht ja irgendwie in einem großen Zusammenhang. So kamen wir natürlich unter anderem auf die Verrohung der Gesellschaft zu sprechen. Haben die meisten Menschen unter uns mittlerweile eine „Scheißegal-Einstellung“ zu allem und jedem?
  • Wir versuchten uns auch in der Beantwortung der Frage, warum wir uns das alles überhaupt gefallen lassen und wer denn nun eigentlich an diesen Fehlentwicklungen schuld sei. Ist es eine Person? Draghi, oder Merkel? Ist es ein System? Sozialismus, oder Kapitalismus??? Als wir uns gerade voneinander verabschiedeten, lieh mein guter Freund plötzlich seinen Gedanken nochmals die Stimme und fragte fast nebenbei: „Oder sind wir es einfach nur selbst? Wir, die Individuen? Wir, der Mensch im Einzelnen?“ Das blieb bei mir hängen und ließ mich den Rest des Tages nichtmehr los. Kann eine falsche Geldpolitik zur Verrohung der Gesellschaft führen? Ja, sie kann und tut es!
  • Ich erinnerte mich an eine Passage in einem meiner Lieblingsbücher zum Portfoliomanagement. Es ist das Buch mit dem Titel „Österreichische Schule für Anleger“, meiner drei guten Bekannten Rahim Taghizadegan, Ronald Stöferle und Mark Valek. Ich treffe sie regelmäßig auf der Mises Konferenz in München. Es ist jedes Mal eine absolute Bereicherung, sich mit Ihnen auszutauschen. In dem Kapitel „Moral des Sparens“ wird treffend hervorgehoben, dass die Österreichische Schule „das Sparen“ als Tugend lobt und nicht etwa als Laster. Letzteres glaubt nämlich unsere Elite. Sie ist der keynesianischen Irrsinnslehre verfallen. Deshalb unter anderem auch Maßnahmen wie QE, Negativzins, oder Helikoptergeld. Das alles führt zum „schuldenfinanzierten Konsumismus unserer Tage.“ Jetzt kommt das Entscheidende! Phasen, in denen Konsum und Schulden ins Übergewicht gegenüber dem Sparen geraten, gehen dann oft einher mit moralischem Verfall, so die drei Österreicher. Sie schreiben: „Die Geschichte bietet zahlreiche Belege für diese Korrelation, vom Niedergang des Römischen Reiches bis zu modernen Inflationszeiten. Der Grund dafür ist einfach: Exzessiver Konsum bedeutet absolute Gegenwartsfixiertheit. Nach mir die Sintflut. Alle Hüllen fallen, ebenso alle Hemmungen.“ Das Handeln der Gegenwart werde also in unserer Gesellschaft gegenüber zukünftigen Folgen stark überbewertet. Man spricht von hoher Zeitpräferenz bei den Menschen. Natürlich sei es auch wichtig den Augenblick, das hier und jetzt zu schätzen, aber wir dürfen nicht vergessen, „dass ein großer Teil menschlicher Kultur, insbesondere jener des Abendlandes, auf der geistig-abstrakten Überwindung des Augenblicks beruht, die die Grundlage niedriger Zeitpräferenz ist.“ Ich stimme den Autoren zu. Höhere Ziele, die menschliche Kultur ausmachen, wären mit einer Gesellschaft mit niedriger Zeitpräferenz unerreichbar. Ich bin überzeugt, dass die Geldpolitik der letzten Jahrzehnte, welche auf einem ungedeckten Papiergeld beruht, unserer Gesellschaft und Kultur, sowie unserem Miteinander im Alltag extrem geschadet hat. Sie ist übrigens sozialistisch und nicht kapitalistisch.
  • Apropos Verrohung!!! In den USA erzielte die Deutsche Bank mit Investoren im Rechtstreit um die Manipulation des Goldpreises einen Vergleich. Am Vortag wurde bereits bekanntgegeben, dass dies auch im Zusammenhang mit Tricksereien beim Silberpreis gelungen sei. Es ist Balsam auf meine geschundene Seele als latenter Verschwörungstheoretiker. Über viele Jahre wurde ich im Freundes- und Bekanntenkreis wie auch in meinen Vorlesungen oftmals müde belächelt, wenn ich auf solche Machenschaften hinwies. So ist es eben, die zur Wahrheit wandern, wandern allein. Irgendwann kommt aber jede Wahrheit ans Licht!
  • Zum Marktgeschehen. Der gestrige Tag war an der Oberfläche extrem ruhig und sogar langweilig. Während der Dax noch ein paar Punkte in Richtung der Widerstandszone um die 10.100 zulegen konnte, traten die Indizes an der Wall Street auf der Stelle. Unter der Oberfläche gab es allerdings einige sehr interessante Entwicklungen. Allen voran stach die Stärke des US-Dollar gegen diverse asiatische Währungen ins Auge. Den Anfang machte der chinesische Yuan mit der stärksten Abwertung durch die PBoC seit Anfang Januar. Darauf wertete auch der Singapur­-Dollar sowie der Won in Südkorea ab. Dort verlor die konservative Regierung die Wahl. Besorgniserregende Nachrichten kamen außerdem vom chinesischen Anleihemarkt. Hier konnte der staatliche Emittent China Railway Materials seine Kupons nicht mehr bedienen. Die Probleme dieses mit AA+ (!!!) bewerteten Unternehmens lösten Panik am dortigen Markt für Unternehmensanleihen aus. Auf dieser Front werden uns sicherlich bald noch mehr Hiobsbotschaften erwarten.
  • Bei den Bilanzveröffentlichen lag das Hauptaugenmerk auf den Berichten der Bank of America und Wells Fargo. Nach den nicht ganz so schlecht wie erwarteten Zahlen von JP Morgan am Vortag, war das was diese beiden Institute ablieferten bestenfalls durchwachsen. Auch sie bekamen die Probleme im Aktien- und Anleihehandel zu spüren und kämpfen mit sinkenden Gewinnen. Außerdem macht man sich weiter Sorgen um das Exposure zu den in Schwierigkeiten steckenden Ölfirmen.
  • In der Technik scheiterten wir  die Tage im EUR/USD im Anlauf an die 1,1500. Das nachlassende Momentum nach oben war schon seit einiger Zeit zu beobachten. Bei 1,1460 lagen das Hoch von Mitte Oktober letzten Jahres. Das Scheitern an diesem starken Widerstand ist seit vorgestern nicht mehr ohne Folgen geblieben. Der Euro ist nun wieder unter Druck. Das Tief vom 24. März rückt nun als nächstes Kursziel in den Fokus der Chartisten. Es liegt bei 1,1144. Danach erwartet uns die Unterstützung @1,1060, dem Tief vom 16. März.
  • In der Nacht veröffentlichte China BIP Zahlen zum ersten Quartal. Wir wissen, dass diese Daten mindestens genauso fragwürdig sind wie die zum Außenhandel vor zwei Tagen. Trotzdem bleiben diese in einem jeden Marktkommentar natürlich nicht unerwähnt. Mit 6,7% lag das BIP zwar im Rahmen der Erwartungen, das Wirtschaftswachstum lag damit allerdings so niedrig wie seit 2009 während der Finanzkrise nicht mehr. Mit Blick auf die Industrieproduktion (angeblich +6,8% vs. 5,9% erw.) und Einzelhandel (ebenfalls stärker als erwartet), versucht man heute Morgen dem ganzen Zahlenmaterial etwas Positives abzugewinnen. Für Euphorie an den Aktienmärkten in Fernost reicht es trotzdem nicht.

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