Selbst Draghi schaffte es auf der gestrigen EZB-Konferenz nicht, den Dax in Wallung zu versetzen. Die Dynamik fehlte für eine Rückeroberung der 12.000er Marke (Close +0,09% @11.978). Auch die Indizes an der Wall Street taten sich schwer mit weiteren Kursgewinnen (Dow +0,01%, S&P +0,08). Die Action fand woanders statt. Am Anleihemarkt.

Erneut ging es im Bund Future bergab (-51 Ticks). Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe legte um 5bp auf jetzt 0,42% zu (Preis runter). Die Renditen der zehnjährigen US-Treasuries stieg den neunten Tag in Folge, der längsten Verlustserie seit April 1974 (Close gestern @2,61%).
Die eigentliche Zinsentscheidung der EZB und das Statement Draghis waren noch nicht der Grund für diesen Sell-Off. Den lieferte erst die Q&A Session der Pressekonferenz. Vorher unterstrich Draghi, dass Zinsen auf absehbare Zeit niedrig bleiben, Anleihenkäufe im Volumen von 60 Mrd. Euro getätigt werden und die Kerninflation sowie das Wirtschaftswachstum niedrig seien. Kurzum, er schien seine lockere Geldpolitik zu verteidigen. Das lag alles im Rahmen der Erwartung und hatte einen recht „dovishen“ Anstrich.
Bei der Beantwortung von Fragen der Journalisten wurden Draghi dann allerdings „hawkisher“. Zum einen kam heraus, dass das Wording „no longer that sense of urgency in taking further actions“ herausgenommen wurde. Die EZB faßt demnach (erstmal) keine weiteren Maßnahmen mehr ins Auge. Auch ein neue Tender wurde nicht angekündigt. Des Weiteren seien Deflationsrisiken weitgehend verschwunden und Inflationserwartungen gestiegen. Insgesamt seien Risiken damit nicht mehr nur noch nach unten gerichtet, sonder ausgeglichen.
Tatsächlich könnte dies bedeuten, dass die Geldpolitik zwar noch länger expansiv bleibt, aber dennoch ihren Höhepunkt erreicht hat. Wie Ludwig von Mises in seinen Arbeiten stets hervorgehoben hat, bekommt ein Ponzi-System nicht erst Probleme, wenn die Zinsen wieder anfangen zu steigen, sondern bereits dann, wenn sie aufhören zu fallen. Steuern wir jetzt auf ein solches Szenario zu??? Gestern war die Angst vor der Zinswende deutlich zu spüren. Der Euro legte gegen verschiedene Währungen zu.

Was bedeutet das alles für Aktien??? Das ist die Schlüsselfrage für die nächste Zeit. Es muss nicht unbedingt negativ sein, solange ein Anstieg in den Renditen einigermaßen geordnet stattfindet. Investoren könnten dann sogar angesichts drohender Kursverluste aus Anleihen in Aktien umschichten. Wehe allerdings, wir sehen ein regelrechtes Blutbad am Rentenmarkt, dann könnte es auch gefährlich für Dividendentitel werden.

Vor dem Wochenende erwartet uns noch der amerikanische Arbeitsmarktbericht. Dieser wird mit großer Wahrscheinlichkeit an der Zinsentscheidung der US-Notenbank am kommenden Mittwoch nichts ändern. Der „hike“ ist zu 100% eingepreist. Spannend wird auch zu sehen sein, ob die Ölnotierungen endlich einen Boden aushämmern können. Gestern ging es erneut deutlich nach unten. Viele Marktteilnehmer sind long …..und wrong.

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