• Wie gesagt, es gibt Tage an denen es einfach nichts bringt, jeden Tick nach oben oder unten in den einzelnen Anlageklassen zu interpretieren. Somit holen wir heute nochmals etwas weiter aus. Immer mehr Papiere am Anleihemarkt handeln mittlerweile mit negativen oder mikroskopisch niedrigen Renditen und an der Wall Street befinden sich die Aktienindizes gleichzeitig wieder nahe ihrer Allzeithochs. Viele halten das für die neue Normalität. Ein Marktteilnehmer stellte in seinem gestrigen Kommentar richtig fest: „Derzeit Null Angst im Markt.“
  • In letzter Zeit wird in den Diskussionen über die aktuelle Situation an den Kapitalmärkten oftmals weise hinzugefügt, dass der Markt immer Recht habe. Aber, liebe Leser, lassen sie mich aus Erfahrung sagen, genau in diesem Gedanken liegt die Crux. Der Markt hat eben nicht immer Recht. Ich erinnere mich dabei an einen tatsächlich sehr weisen Kollegen und Mentor aus meiner Zeit auf dem Trading Floor. Seine damaligen Worte blieben in meinem Gedächtnis haften: Manchmal dauert es Jahre, bis Märkte realisieren, dass sie sich irren. So hatte er das damals formuliert und als Beispiel den Renditeabstand zwischen griechischen und deutschen Staatsanleihen vor der Finanzkrise genannt. Eben das hatte der Kollege im Jahr 2005 als „verrückt“ bezeichnet und war damals aber nur belächelt worden. Zur Erinnerung: Tatsächlich handelten die Anleihen der Griechen damals trotz absehbarer fiskalischer und wirtschaftlicher Probleme in der Rendite nur zwanzig Basispunkte (!!!) über den deutschen Bundesanleihen. Das war für die meisten Marktteilnehmer Normalität. Gerade auch deshalb, weil wir zu viele Bücher über effiziente Märkte gelesen hatten, deren Inhalt zum Mantra unserer Entscheidungskultur geworden war. Damals hieß es: „Es werde schon einen Grund haben, dass zwischen Griechenland und Deutschland ein so geringer Risikoaufschlag liegt!“
    Nun, der Markt kann jahrelang Unrecht haben, bevor es irgendeinem auffällt. Eben dieser ist es aber dann, der eines Tages „Feuer!!!“ schreit und damit die Panik im vollbesetzten Kino auslöst. Zugegeben, ich mag auf Sie, liebe Leser, immer leicht depressiv wirken. Aber in Bezug auf die künftige Entwicklung der Konjunktur und der Staatsverschuldung scheint mir mein Pessimismus durchaus angebracht.
    Im Übrigen hinkt der oft gezogene Vergleich der Märkte mit einem vollbesetzten Kino in einem entscheidenden Punkt. In einem Kino müssen Sie einfach nur aufstehen und zum Notausgang rennen. An der Börse müssen Sie erst einem Abnehmer für ihre Risikoanlagen finden. Sprich, einen handelbaren (!) Geldkurs. Auf das Kino übertragen müssen sie also jemanden auf der Straße bitten ihren Platz im brennenden Kino einzunehmen, bevor Sie aufstehen dürfen.
  • Gestern fing die EZB mit ihren Käufen von Unternehmensanleihen an. Für alle Kritiker, die meinen Ausführungen keinen Glauben schenken wollen, wonach die Zentralbanken damit den Bondmarkt kaputt machen, sei ein Blick nach Japan empfohlen. Laut Bloomberg wird die größte japanische Bank, die Bank of Tokyo-Mitsubishi, ihre Funktion als „Primary Dealer“ für japanische Staatsanleihen (JGBs) einstellen. Das ist krass und verdeutlicht den entscheidenden Unterschied zu früher. Da gab es noch einen risikofreien Zins. Heute gibt es nur noch zinsfreies Risiko. Warum sollte da eine Bank im Handel bei der Bereitstellung von Liquidität noch ihren Kopf hinhalten?
    Dass die Liquidität am Markt für Unternehmensanleihen dank der EZB hierzulande auch schon am Boden ist sieht man daran was passiert, wenn man seinem ganz normalen Tagesgeschäft nachgeht. Ein Händler berichtete mir über den Kauf einer Unternehmensanleihe für einen Kunden in kleiner sechsstelliger Größenordnung. Seit fast drei Wochen wartet dieser nun schon auf die Lieferung der Papiere (normal T+2). Wehe ein Handelspartner verkauft in diesen Märkten eine Anleihe, wenn er nicht auf den letzten Cent genau über die angefragte Size in seinen Büchern verfügt. Selbst kleinste Shortpositionen haben keine Chance mehr auf Eindeckung.
  • Die immer geringer werdende Liquidität an den Märkten ist nun also ein großes Thema. Der Dienstag war der Handelstag an der Wall Street mit den geringsten Umsätzen des Jahres. Es entsteht eine riskante Situation. Die hohen Bewertungen am Aktien- und Rentenmarkt führen dazu, dass es auf den aktuellen Niveaus wegen des ungünstigen Chance/Risiko Profils kaum noch natürliche Nachfrage gibt. Gemessen am MSCI Welt, handeln die globalen Aktienmärkte im Verhältnis zum Gewinn auf dem teuersten Niveau seit sechs Jahren. Kein Wunder, dass die gehandelten Volumina immer kleiner werden. Es droht ein Markt zu werden, in dem es nur noch wenige Käufer gibt: Algos, BuyBacks, Zentralbanken und die typischen Stop-Runs. Wie lange kann das noch gut gehen???
  • Gestern schrieb ich, dass nach offiziellen Angaben die Importe nach China zwar rückläufig waren, aber immerhin deutlich besser als erwartet ausfielen. Wie bei der letzten Veröffentlichung vor einem Monat, sollte man sich den Handel mit Hongkong etwas genauer zu Gemüte führen. Jahr über Jahr sind die Importe aus Hongkong nach China um atemberaubende 242,6% gestiegen. Könnte da mal wieder die Statistik mit fingierten Rechnungen gefälscht worden sein, um die Kapitalflucht aus dem Reich der Mitte zu vertuschen??? Nein, natürlich nicht!!!
  • Die Verbraucherpreise in China sind im Mai weniger stark als erwartet gestiegen. Die Inflationsrate lag bei 2,0% (erw. +2,3%). Die Erzeugerpreise wiederum fielen um 2,8%. Hier waren -3,3% erwartet worden.
    In China und Hongkong bleiben die Börsen heute aufgrund eines Feiertages geschlossen.
  • Südkorea meldet sich in der Nacht in den Währungskrieg zurück und überrascht die Märkte mit einer Zinssenkung um 25bp auf 1,25% (Rekordtief). Es ist weltweit die 655-zigste Zinssenkung seit Lehman. Nur 1 von 18 Analysten hatte mit einem solchen Schritt gerechnet. Nach sechs starken Tagen, verliert der Won gegen den USD.

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