• Zum Wochenmarkt erholten sich die Marktteilnehmer etwas von dem Schreck des US-Arbeitmarktberichts und der Angst vor den Folgen eines Brexit. Das Sprachrohr der Fed, Hilsenrath vom WSJ und das Fed-Mitglied Brainard ließen „Dovishes“ verlauten zu den Fed-Sitzungen im Juni und Juli. Auch ein festerer Ölpreis half (+2,4%). Die Wahrscheinlichkeit für einen Zinsschritt im Juni beträgt jetzt nur noch 4%. Die für den Juli beziffert der Markt jetzt auf weniger als 30%. Bis zum Ende es Jahres wird nur noch zu 60% mit einer Zinserhöhung gerechnet.
  • Auch die Rede Yellen’s am Abend war im Wortlaut insgesamt wohl etwas „dovisher“ als zuletzt. Die Fed Chefin zeigte sich zwar optimistisch für die Wirtschaft und überzeugt, dass die Zinsen graduell steigen sollten und ein einziger Arbeitsmarktbericht nicht überbewertet werden sollte, aber eben dieser doch „besorgniserregend“ gewesen sei und es beträchtliche Unsicherheiten für die US-Wirtschaft gäbe. Sie sagte auch, dass ein Brexit die Anlegerstimmung abrupt drehen könnte und schwerwiegende ökonomische Konsequenzen hätte. Die Indizes an der Wall Street konnten leicht zulegen.
    Irre! Fast scherzhaft, schrieb ich vor drei Wochen, dass sich die Fed im Anlauf auf das nächste Meeting „falkenhaft“ zeigt nur um dann ganz kurz vorher doch wieder komplett zu drehen. So richtig habe ich das eigentlich nicht für möglich halten. Genau so ist es jetzt aber gekommen. Mit den Äußerungen Yellen’s und ihrer Kollegen, den FOMC-Minutes und dem Beige Book ist der Markt damals innerhalb weniger Tage von „dovish“ auf „hawkish“ umgeschwenkt und das erschien mir gesund. Seit Freitagnachmittag ging es wieder in die andere Richtung und wir stehen jetzt in den Erwartungen wieder auf dem Stand von Mitte Mai. Rinse & Repeat von Meeting zu Meeting???
    Ob Bullen oder Bären, die Marktteilnehmer sind jedenfalls zunehmend frustriert über die Informationspolitik der Notenbanker. Als der S&P am Freitag trotz „unsichtbarer Hand“ ein Closing über der wichtigen 2.100 nicht schaffte, schrieb ein kritischer Händler mit Blick & auf die Reaktionsfunktion der Fed trefflich auf Twitter: „Martial law declared across United States as S&P 500 Index closes below 2.100. Curfews in place.“ Nun, gestern schlossen wir wieder über dieser Marke (+0,49%, Closing 2.109).
  • Interessant ist, was gerade manche Banken zum Brexit an ihre Kunden verschicken. So schreibt beispielsweise die Onvista Bank: „Sie erwarten, dass es in der Handelswoche vom 20. Juni bis 24. Juni 2016 – insbesondere nach dem Referendum am 24. Juni – zu größeren Verwerfungen an den Kapitalmärkten kommen kann.“ Die Bank bittet, dies bei den Handelsentscheidungen der Kunden zu berücksichtigen, insbesondere im Eurex und CFD-Handel. Es wird richtigerweise vor zu großen Positionen und Nachschusspflichten gewarnt.
    PM David Cameron jedenfalls bleibt nach den jüngsten BREXIT-Umfragen hysterisch und zieht seine „Project Fear“ Strategie weiter durch. Vor drei Wochen warnte er im Falle eines Brexits vor einem Weltkrieg. Gestern ließ er verlauten ein BREXIT wäre: „a bomb under our economy, and the worst thing is, we’d have lit the fuse yourselves.“
    Die vielen unentschlossenen Wähler werden dem ihre Stimme schenken, von dem sie glauben, dass er ehrlich bleibt und ihnen die Wahrheit über die EU erzählt. Cameron aber scheint gerade jetzt in der kritischsten Phase mit jedem Tag an Glaubwürdigkeit zu verlieren.
    Die Stärke im Bund Future und Euro im Anlauf auf die Abstimmung ist interessant. Marktteilnehmer scheinen relativ sorglos zu sein. Ich halte einen Brexit für wahrscheinlicher als der Markt. Damit wäre es gefährlicher, wenn es wirklich passiert. Die Schieflagen dürften beachtlich sein. Ein politischer Dominoeffekt könnte folgen. Am Abend des 23. Juni schließen die Wahllokale in Großbritannien. Banken wie JP Morgan, Morgan Stanley, RBS und Lloyds werden ihre Händler in London in der dann folgenden Nacht auf dem Trading Floor belassen. Zu groß ist das Event-Risiko. Wir dürfen tatsächlich gespannt sein, was passiert. Langsam fühlt man sich wie im Anlauf auf Y2K. Erinnern Sie sich??? Ein Sturm im Wasserglas, oder das ganz große Ding???

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