• Selten fällt es mir so schwer, das Marktgeschehen in Zeilen zu fassen. Der gestrige Tag war absolut chaotisch und glich in allen Anlageklassen einer Achterbahnfahrt. Die Price-Action zusammenzufassen, geschweige denn zu verstehen, ist alles andere als einfach. Versuchen wir es.
  • Zunächst sah es so aus, als ob Aktienbären aus der jüngsten Pattsituation mit den Aktienbullen als Sieger hervorgehen. „Dovishe“ Kommentare des Fed-Mitglieds Dudley, ein Algo getriebender Shortsqueeze im Ölpreis (Auslöser waren Gerüchte aus Venezuela über „emergency meeting“ einiger OPEC-Mitglieder,……katastrophale EIA Zahlen zu den Lagerbeständen wurden dagegen komplett ignoriert) und eine Rallye im chinesischen Yuan (PBoC vor den Feiertagen???), sorgten im US-Handel dann aber für eine Rallye ausgehend von den Tagestiefs. Die Bullen hatten noch einmal Glück.
    Interessant war, das der NASDAQ sowie Unternehmensanleihen diese Party nicht mitmachten und underperformten. Auch beliebte Einzeltitel zogen nicht (Facebook -1,68%, Amazon -3,8%, Netflix -0,8%, Microsoft -1,58%). Unbeliebte Namen liefen dagegen gut (z.B. IBM +1,45%). Komisch!!!
  • Zehnjährige amerikanische Staatsanleihen durchbrachen kurzzeitig die Renditemarke von 1,80% nach unten. Deutsche Bunds ebenfalls sehr fest. Die Rendite der zweijährigen Bundesanleihe erstmals @-0,50%!!! Der Markt impliziert jetzt, dass es in 2016 keine Zinserhöhung seitens der Fed mehr geben wird und im kommenden Jahr nur eine einzige von 25bp!!! Man rechnet damit, dass Fed-Chefin Yellen sich bei ihren Reden vor dem US-Häusern am 10.02 und 11.02 „dovish“ präsentiert. Entsprechend schwach handelte der US-Dollar. Das dürfte weder den Japanern (USD/JPY 117,90), noch den Europäern (EUR/USD 1,1084) beim Versuch, ihre eigenen Währungen gegen die Wand zu fahren, gefallen. Man stelle sich jetzt mal das Enttäuschungspotential bei den Aktien vor, wenn die Fed munter weiter an der Zinsschraube drehen sollte. Das wird spannend.
  • Auffallend und besorgniserregend war die erneute Schwäche des italienischen Aktienmarktes (-3%) und der dortigen Bankaktien. Falls es Ihnen entgangen ist, liebe Leser, für deren Einlagen haften wir ja jetzt mit unseren eigenen Ersparnissen (Banco Populare -10%, Ubi Banca -8,99%, Banca Carige -7,2%, Banca Popol Emilia Romagna -8,2%, Monte Dei Paschi Siena -6,6%, Unicredit -5,6%).
  • Gold weiter gefragt und jetzt über der 200-Tagelinie. Ich glaube nicht, dass Gold so sehr von der Auspreisung der Fed-Zinserhöhung profitiert, sondern eher wegen seines Status als „safe heaven“. Das ist besorgniserregend. Silber durchbricht die 100 Tagelinie nach oben.
  • So verwirrend und hektisch der gestrige Tag auch war, das Gesamtbild hat sich nicht geändert. Die „earnings season“ ist keine Katastrophe (dank der vorher nach unten revidierten Prognosen), aber alles andere als eine Glanzleistung. Auf Basis von Analystenschätzungen der Unternehmensgewinne, ist und bleibt ein S&P auf aktuellem Niveau (1.900) das „best case“ Szenario für das laufende Jahr. Zentralbanken werden bei zu schwachen Märkten, den Aktien versuchen zu helfen. Nachhaltige Haussen wird das aber nicht mehr auslösen können.
    Der negative Zins belastet außerdem das klassische Bankgeschäft. Ohne Rallye der Bankaktien, keine Rallye des Gesamtmarktes. Das Einzige, was die Fed machen kann ist ……nichts…..und das ist eingepreist (s.o.). Die Alternative ist, ebenfalls negative Zinsen einzuführen……….., das schadet den Banken,………wir drehen uns im Kreis. Was den weiteren Verlauf der Risikoanlagen betrifft, hat sich die Fed im Laufe der letzten zwanzig Jahre langsam aber sicher in einer Ecke manövriert, aus der sie nicht mehr ohne Probleme herauskommt. Das weiss sie selbst am besten. Die nun längst überfällige Normalisierung geht nicht einher ohne knallharte Rosskur für die Märkte. Bleiben sie angeschnallt!!!

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