• Gestern schrieb ich, dass ein Drehen an der Zinsschraube seitens der amerikanischen Notenbank wohl in der Zeit zwischen der Brexit-Abstimmung und der US-Präsidentschaftswahl sehr unwahrscheinlich ist. Zu gewichtig sind beide Ereignisse, als das die Fed das den Märkten in dieser Phase zumuten wollen würde. Auch möchte die Fed sich nicht den Vorwurf der politischen Einflussnahme ausgesetzt sehen.
  • Die Ökonomen der UBS aktualisierten die Tage ihre Prognose vom vergangenen Dezember, wie die Mitglieder des FOMC-Ausschusses auf dem Treffen am Mittwoch abstimmen könnten. Auf einer Skala von „hawkish“ bis „dovish“ kategorisieren sie jedes einzelne Fedmitglied. In das „hawkishe“ Lager fallen George, Lacker, Mester und Bullard. „Dovish“ sind dagegen Rosengren, Tarullo, Brainard und Evens. Dazwischen befindet sich Yellen selbst und die restlichen Mitglieder in dem mal mehr, mal weniger „neutralen“ Bereich. Auffallend ist (ich sprach es jüngst an) die zunehmende Uneinigkeit unter den Fed-Mitgliedern darüber, wie es mit dem im Dezember angefangenen Zinserhöhungszyklus weitergehen soll. Am Mittwoch erwarte ich zwar keine Zinserhöhung, aber wie die Analysten der UBS richtig schreiben, wird es in nächster Zeit eine absolute Herausforderung für die Fed sein, ihre Kommunikation nach außen zu gestalten. Anders als über lange Strecken in der Vergangenheit, fehle zunehmend der Konsens über jede zu fällende Zinsentscheidung. Wir dürfen die nächsten Monate gespannt sein, wie diese „communication challenges“ von der Fed gemeistert und noch wichtiger, von den Marktteilnehmern interpretiert und verarbeitet werden wird.
  • Dr. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, verfasste gestern ein paar interessante Zeilen zum Brexit. Zwar erwartet er Mittelabflüsse aus Großbritannien, falls man sich zum Verlassen der EU entscheidet, aber dies werde wohl unter Strich nicht dazu führen, dass die Anleihen von Mitgliedstaaten profitieren. Nach einem Brexit, wären die Regierungen des Euroraums „erst recht nicht mehr bereit, die ungelösten Ursachen der Staatsschuldenkrise durch mehr Integration anzugehen,“ schreibt Krämer. Er argumentiert, dass die Ursachen der Krise alles andere als gelöst sind. Dies sei insbesondere in Peripherieländern wie Italien, Griechenland und Portugal der Fall, wo die Verschuldung schneller gestiegen sei, als das BIP. Starke Anti-EU-Kräfte (je nach Land, am rechten oder linken Rand des politischen Spektrums) senken die Bereitschaft der jeweiligen Staats- und Regierungschefs, die „ungelösten Probleme der Währungsunion anzugehen.“ Ein Brexit würde diesen Anti-EU-Kräften nur noch mehr Auftrieb geben und somit wäre dieser der Sargnagel für eine tiefere Integration, die für die Zukunft der Währungsunion so wichtig wäre. Die EZB würde sich dann dem Druck ausgesetzt sehen, diese Probleme mit noch mehr Politik des billigen Geldes entgegenzuwirken. Wie auch an dieser Stelle von mir in letzter Zeit häufig dargelegt, hat aber eben diese Geldpolitik immer mehr negative Begleiterscheinungen (Altersvorsorge, klassisches Bankgeschäft, Produktivitätswachstum, Immobilienblase). Zunehmende Zweifel an der langfristigen Stabilität der Währungsunion könnten daher anders als von vielen vermutet dazu führen, dass der EUR/USD Wechselkurs sowie die Kurse der Peripherie-Staatsanleihen nach einer Austritt-Entscheidung fallen.
  • Zum Marktgeschehen. Das anstehende Fed & BoJ-Meeting, sinkende Ölnotierungen und ein wiedererstarkter Yen, sorgten gestern für schwächere Aktienkurse auf breiter Front. Zudem verdaute man noch die schlechten Unternehmensbilanzen, welche Ende letzter Woche veröffentlicht wurden. In dieser Woche geht es munter weiter. Gestern brachten unter anderem Halliburton & Xerox Zahlen. Nach einem Umsatzrückgang im abgelaufenen Quartal fiel die Aktie des Drucker- und Kopier-Herstellers um 13%. In der Nacht gab auch DuPont einen erlittenen Umsatzrückgang an. Der Nettogewinn stieg dagegen um fast 20%. Anders als viele der Konkurrenten, die uns erzählen, dass die meisten Unternehmen in der Berichtsaison bisher die Prognosen übertreffen, bleibt wenigstens die Deutsche Bank in ihrer Analyse ehrlich. „Results so far are disappointing and our Q1 estimate is at risk“, geben ihre Analysten mit Blick auf das was bisher geliefert wurde zu. Auch sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass im Anlauf auf die Veröffentlichung der Unternehmensbilanzen die Analysten mal wieder die Prognosen so dramatisch nach unten genommen haben, dass diese oft wohl kaum noch zu unterbieten sind.
  • Die kommenden Tage berichten neben anderen Unternehmen folgende Schwergewichte:

    Dienstag: P&G, BP, 3M (vorbörslich) und Apple, Twitter, AT&T, Ebay (nachbörslich).

    Mittwoch: Boeing, United Technologies, Hilton (vorbörslich) und Facebook, Paypal, First Solar (nachbörslich).

    Donnerstag: UPS, Ford, ConocoPhillips, Bristol Myers, Dow (vorbörslich), Amazon, Gilead, LinkedIn, Amgen, Groupon (nachbörslich).

    Freitag: ExxonMobil, Chevron (vorbörslich).

 

  • Der Vix-Index stieg gestern mit +6,43% deutlich an. Interessanterweise, konnte der Bund Future aber nicht von der Schwäche am Aktienmarkt profitieren und rutschte weiter ab (-31 Ticks). Die Aktienmärkte in Asien präsentieren sich heute abermals leichter. USD/JPY <111,00,
  • Seit geraumer Zeit werden Kurse und Renditen am Anleihemarkt nicht mehr durch Fundamentaldaten, sondern durch Zentralbanken bestimmt. Dies ist nun auf extreme Art und Weise auch am Markt für Unternehmensanleihen der Fall, nachdem die EZB ihr Wertpapierkaufprogramm auf dieses Segment ausgeweitet hat. Die Zeiten sind nun auch am Corporate Bonds wohl endgültig vorbei, in denen man für die eingegangenen Risiken (Duration, Kreditausfall, Liquidität) ja immerhin noch einen Kupon als „margin of safety“ einstreichen konnte. Gestern platzierte Unilever eine Anleihe quasi zum Nulltarif. Das Papier mit einer Laufzeit bis 2020 hatte einen Kupon von 0% (Reoffer Px: 99.677% / 0.081%). Zwei weitere Tranchen mit Laufzeit von 8 und 12 Jahren wurden ebenfalls emittiert (Rendite 0,70% und 1,21%). Die aktuelle Naivität und Sorglosigkeit ist schon Wahnsinn. Alle Marktteilnehmer, die bullisch auf Risikoanlagen sind, haben eine Sache gemeinsam. Sie glauben tatsächlich, dass diese Auswüchse am Markt für „Debt“ zukünftig ohne Konsequenzen bleiben werden. Das Schlimme dabei ist, dass diese Exzesse immer mehr befeuert werden müssen, also immer mehr Verschuldung notwendig ist, um den Kollaps abzuwenden. Die japanische Notenbank wird das am Donnerstag wohl wieder zeigen. Wie lange geht das alles noch gut??? Für Unternehmer, die über steuerbefreite SPVs Anleihen an steuerzahlende und um ihre Altersvorsorge bangende Privatkunden zum Nulltarif platzieren, um von den Erlösen dann eigene Aktien zurückzukaufen, habe ich eine Vorhersage. So wie wir heute über die Exzesse im Subprime-Markt urteilen, so wird man in naher Zukunft über euch und eure „Buy-Backs“ urteilen.

 

 

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