Nach einer doch recht wilden Achterbahnfahrt (runter, hoch, dann wieder runter) schlossen die europäischen Aktienindizes gestern mal wieder etwas deutlicher im Minus (Dax -0,74%, EuroStoxx -0,99%). Die Indizes an der Wall Street gingen zwar an den Tagestiefs aus dem Handel, verblieben aber in einer sehr engen Spanne und hielten sich insgesamt deutlich besser (Dow -0,05%, S&P -0,21%). Angeschlagen wirken die Indizes allemal, aber aus der gestrigen Price-Action die richtigen Rückschlüsse darüber zu ziehen, wohin die Reise denn nun weitergeht, bleibt schwierig.

Eine Antwort bekommen wir aber vielleicht vom Devisenmarkt. Auch Bullard, Williams und Rosengren deuteten in den letzten zwei Tagen an, dass schon im Juni mit einer Zinserhöhung der US-Notenbank zu rechnen sei. Der sehr „falkenhafte“ Tonfall in der Rhetorik der Fed-Mitglieder sorgt dafür, dass der US-Dollar immer weiter steigt. Gestern legte der Dollar-Index bedingt durch die Stärke des Yen nach acht Tagen zwar eine kleine Atempause ein, konnte aber im Mai bisher um rund 2,5% zulegen und macht sich nun daran, seinen seit Ende Januar etablierten Abwärtstrend (95,50) sowie die 200-Tagelinie (96,66) nach oben zu durchbrechen. Ein Durchstoßen dieser Marken dürfte aufgrund der hohen negativen Korrelation zum S&P500 (ca. -0,70) nicht ohne Folgen für den amerikanischen Aktienmarkt und andere Risikoanlagen bleiben. Seit seinem „Double Bottom“ (20. Januar/11. Februar) hat der S&P500 eine imposante Rallye hingelegt, schafft aber keinen nachhaltigen Durchbruch der wichtigen Widerstandszone um die 2.100 und ist nun technisch angeschlagen. Mit dieser Entwicklung in den Charts befindet sich der US-Markt jetzt am Scheideweg. Es wir sehr spannend!

Schlechte Nachrichten für die Deutsche Bank. Gestern nach Handelsschluss in New York hat die Rating Agentur Moody’s die Bonität des Geldhauses auf Baa2 heruntergestuft (Ausblick stabil). Damit befindet sich das Rating nur noch zwei „Notches“ über dem Ramschniveau.
Gestern wurde außerdem bekannt, dass ein Betrugsfall im Aktienhandel der Bank fast eine halbe Milliarde Euro Verlust eingebrockt habe. Zu den Hintergründen und Details dieses Falls wollte sich die Bank gestern nicht äußern.

In einem interessanten Beitrag beleuchtete der Bloomberg Analyst Lu Wang die Entwicklung der „Stock-Buy-Backs“ am US-Aktienmarkt. In den letzten fünf Jahren führte die Politik des billigen Geldes dazu, dass unzählige Unternehmen wie Apple und IBM auf Pump ihre eigenen Papiere zurückkauften und damit den Aktienmarkt entscheidend beflügelten. Untersuchungen ergaben, dass diese Käufe für bis zu 70% der Kursgewinne des Gesamtmarktes verantwortlich gewesen sein könnten.
Kritiker dieser Praxis, zu denen ich gehöre, nannten denn auch diese Hausse eine Hannibal-Lecter-Rally, in Anlehnung an den Kannibalen aus dem Film „Das Schweigen der Lämmer“. Klar ist nämlich, dass dies die Eigenkapitalbasis der Unternehmen auf lange Sicht kaputt macht und einem Kannibalisierungseffekt gleichkommt. Die Rating Agenturen sind derzeit denn auch fleißig am Herabstufen der Bonität der Unternehmen, die ganz besonders aggressiv an der „Buy-Back-Front“ aktiv waren.
Nach der Beendigung der sogenannten „Black-Out-Period“ (in den Wochen um die Veröffentlichung der Quartalszahlen dürfen keine Aktienrückkäufe getätigt werden) hoffen die Aktienbullen natürlich wieder auf eine neue Kaufwelle. Lu Wang beleuchtete die Aktivitäten und kommt zu dem Schluß, dass immer mehr Unternehmensvorstände aufgrund sinkender Gewinne (seit rund 4 Quartalen rückläufig) die Bremse reinhauen. So sanken die offiziell bekanntgegebenen Aktienrückkäufe in den letzten vier Monaten um 38% auf $244 Milliarden. Es sei der größte Rückgang seit 2009. Dieser Entwicklung könnte zeigen, dass sich Unternehmen in Erwartung schwieriger Zeiten (wirtschaftlich & politisch) zunehmend auf den Erhalt der Barreserven konzentrieren. Der Analyst warnt richtigerweise: „At stake is the primary source of buoyancy for the second-longest bull market in history, at a time when individuals and money managers are bailing out and valuations sit near 14-year highs.“ Wir dürfen gespannt sein was passiert, wenn dieser Trend anhalten sollte und im Laufe der nächsten Monate der Haupttreiber der Rallye ausfällt.

Die Vorgaben aus Asien sind heute morgen tendenziell schwächer. Kurz vor Handelsschluss: Nikkei -0,77%, Shanghai -0,86%, Hongkong -0,30%.

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