Es war ein starker Tag an den Aktienmärkten. Hier, wie auch an der Wall Street, konnten die Gewinne des Vortages weiter ausgebaut werden und zwar deutlich. Die Gründe sind nicht klar ersichtlich, denn es gab viele gegensätzliche Impulse. Es wurden genannt: 1) Die Hoffnung auf ein Einfrieren der Ölproduktion in Doha am Sonntag hallte nach (Öl allerdings nach Achterbahnfahrt schwächer), 2) Die (schlechten, aber) besser als erwarteten Zahlen zum chinesischen Außenhandel, 3) Weniger schlechte Quartalszahlen von JP Morgan als erwartet (Banken gestern Outperformer, JPM +4%, Citi +5,6%, BoA +3,9%), 4) Typischerweise anziehende Kurse im Anlauf auf den Optionsverfall (Freitag), 5) Ein schwächerer Yen (>109,00), 6) Erholung der Bankaktien nach der Einigung über italienischen Stützungsfonds (UniCredit, Deutsche Bank mit deutlicher Kurserholung).
Schwache US-Makrodaten, US-Einzelhandelsumsätze -0,3%, sinkende Erzeugerpreise (Deflation) und deutlich höhere Lagerbestände im Öl (6,6 Mio Barrel), könnten der Party dagegen nichts anhaben. Der USD, legte deutlich zu (EUR/USD 1,1265, Dollar-Index +0,8%). Auch das wurde (erstmal!) von den Marktteilnehmern komplett ignoriert. In der Technik durchbrach das EUR/USD Währungspaar den jüngsten Aufwärtskanal nach unten. Eine interessante Entwicklung, denn die Schwäche des USD-Dollar war in jüngster Zeit einer der Haupttreiber der US-Aktien nach oben. Zynisch ein von mir sehr geschätzter Händler: „Last week: A sinking dollar is bullish. This week: A rising dollar is bullish. And so are negative retail sales.“
Ein Analyst von Bloomberg machte gestern übrigens auf den über 100%igen Anstieg der China-Importe aus Hongkong aufmerksam und spielt damit auf die Glaubwürdigkeit des gelieferten Zahlenmaterials an. Scheinrechnungen, so schon immer wieder die Vermutung, würden gerne ausgestellt, um dieses Zahlen zu schönen. Kapitalabflüsse werden dadurch kaschiert.
Eben die Chinesen nutzten denn auch die gute Stimmung an den Märkten und werteten heute Nacht den Yuan im Fixing gegen den Dollar so stark ab, wie seit dem 7. Januar nicht mehr.
Zum zweiten Mal in nur drei Tagen, so berichtet Zerohedge, hat die Fed ein „Emergency Meeting“ einberufen. Auch gestern Nachmittag fand ein solches Treffen statt. „Matter(s) Considered: Periodic Briefing and Discussions on Financial Markets, Institutions, and Infrastructure“. Wie am Montag vor dem ersten Meeting geschrieben, das kann signifikant sein, oder auch nicht. Wir werden sehen.
War das ein „Turnaround Tuesday“??? Nein, die Wende im Dax&Co. ist mit der Kursentwicklung der letzten beiden Handelstage nicht geschafft. Nach dem Schlusskurs im Dax oberhalb der wichtigen Widerstandszone um die 9.750, hat sich das kurzfristige Bild in der Technik aber zugegebenermaßen verbessert. Knapp über der 9.900 wartete der nächste Widerstand zum Test. Es sind die Hochs von Anfang April. Der gestrige Durchbruch öffnet die Tür auf die März-Hochs in der Gegend um 10.100. Hier befindet sich außerdem das 50% Fib der großen Abwärtsbewegung des ersten Quartals. Trotz dieser Entwicklung, bleiben die Chartanalysten der UBS bei ihrem negativen mittel- und langfristigen Ausblick für die europäischen Aktienmärkte. Sie glauben an die Ausbildung eines Hochs gegen Ende April, dem dann ein erneutes Testen der Februar Tiefs folgen wird. Sie empfehlen deshalb, die kurzfristige Marktstärke zum Verkauf zu nutzen.
Mit den neuen Zwischenhochs von gestern, haben wir im S&P und Dow Jones nun negative Divergenzen vorliegen. In beiden Indizes gingen diese Hochs nicht einher mit neuen Hochs im RSI. Der VIX (gestern -6%!!!) handelt auf dem tiefsten Niveau seit Anfang August 2015, kurz vor dem Flash-Crash. Die Sorglosigkeit der Marktteilnehmer, die der VIX widerspiegelt, ist erschreckend.