Oops! Was aus Sicht der Bullen zum Highlight der Woche werden sollte, wurde zum Rohrkrepierer. Die Zinsentscheidung der EZB zusammen mit der anschließenden Pressekonferenz enttäuschte in fast jedem Punkt. Sicher, die Erwartungen im Vorfeld waren hoch gewesen, aber mit einem so bescheiden“dovishen“ Draghi hatte sicherlich keiner gerechnet. Mit seiner Aussage: „No additional stimulus needed for time being“, wäre eigentlich alles Wichtige zusammengefasst.
Fast amüsant war der Hinweis EZB-Präsidenten, dass die Geldpolitik funktioniere (lol) und daher keine QE-Ausweitung nötig sei. Das der EZB-Rat eine solche Ausweitung nicht diskutiert hat ist überraschend, insbesondere wenn (!) die Herrschaften davon ausgehen, dass es so ein wirksames Werkzeug ist. Auch wurde nicht über Aktienkäufe und Helikoptergeld beraten. Sarkastisch twitterte der Börsenblog Zerohedge in seiner unnachahmlichen Art: „….’Fundamentals‘ in European stock markets just turned negative.“ Sarkasmus beiseite! Steht die EZB vor der geldpolitischen Kapitulation??? Nachdenklich macht der gestrige Tag schon.
Nun, die Marktreaktionen blieben nicht aus. Sofort katapultierte es den Euro gegen den US-Dollar nach oben (EUR/USD in der Spitze auf 1,1327). Die europäischen Aktienindizes gingen in die Knie, erholten sich im Verlauf aber von ihren Tagestiefs (Dax -0,72%, EuroStoxx -0,26%). Noch viel interessanter: Nicht nur die Renditen der Staatsanleihen in der Peripherie stiegen deutlich (Kurse runter), sondern auch die der deutschen Bundesanleihen. Der Bund Future verlor 81 Ticks. Mehr noch, aufmerksame Zuhörer fragten sich, ob Draghi mit seiner Warnung „major market dislocations“ zugab, den Anleihemarkt ruiniert zu haben. Sogar die Rendite der 30-jährigen US-Staatsanleihe stieg mit 9bp so stark wie seit Dezember 2015 nicht mehr. Für Italien kommt diese Price Action zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Das Dipartimento del Tesoro wirbt gerade bei Investoren für eine neue Anleihe mit 50-jähriger Laufzeit. Wir dürfen gespannt sein, ob sich die Lage am Anleihemarkt schnell wieder beruhigt, oder ob das der Beginn von etwas Großem ist.
Nach stark fallenden Öl-Lagerbeständen in den USA (ein Minus von 14,5 Mio Barrel vs erw. von 0) legten die Ölpreis um fast 5% zu. Es war der stärkste Anstieg seit 5 Monaten. Die Aktien an der Wall Street, eigentlich meist positiv korreliert, könnten davon nicht profitieren (Dow -0,25%, S&P -0,22%). Bei den Einzeltiteln kam Apple unter Abgabedruck (-2,6%) nachdem der Konzern mitteilte, dass man für das iPhone7 keine Absatzzahlen für das erste Verkaufswochenende vorlegen werde. Klar, dass dies von Analysten kritisch kommentiert wurde. Peak iPhone???
In Asien handeln die meisten Aktienindizes heute Morgen mit roten Vorzeichen. Nordkorea hat nach eigenen Angaben einen Atomtest unternommen. Ein Erdbeben in der Region scheint dies zu bestätigen.