Ohne die Amerikaner (Labor Day), war es bis auf das absurde Schauspiel der Saudis (auf dem G20 treffen meldeten diese großspurig eine Arbeitsgruppe mit Russland) ein langweiliger und lahmer Start in die Woche. Natürlich versuchte sich der Dax zum Handelsstart in der üblichen Rallye und wollte die 10.700 nachhaltig überwinden. Das ist oft der Fall, wenn die Amerikaner einen Feiertag haben. Fast genau so oft geht dem deutschen Leitindex dabei allerdings schnell die Puste aus. So auch gestern (Closing -0,11%). Ohne den großen Bruder tut man sich schwer. Auch in Asien tritt man heute ohne Impulse von der Wall Street auf der Stelle.
Blicken wir also nach vorne. Die EZB-Sitzung am Donnerstagnachmittag wird wohl das dominierende Ereignis der Woche werden. Seit dem Brexit-Votum sind elf Wochen vergangen, genug Zeit für eine Neueinschätzung der Lage. Nach der letzten Ratssitzung gab man besorgt zu Protokoll, dass von einem Aufwärtstrend in der Kerninflation nichts zu spüren sei. Hier hat sich trotz aller Maßnahmen (Meldung gestern:…“Die Anleihekäufe knacken die Billionengrenze“) auch seither nichts getan. Somit ist damit zu rechnen, dass unsere „Währungshüter“ weiterhin die Krankheit mit dem Fieber verwechseln und neue Mittelchen aus der Medikamentenkiste zaubern.
Den „Österreichern“ unter dem Volkswirten ist natürlich nicht entgangen, dass die Inflation bereits da ist. Die herbeigeführte Inflation führt zwar nicht zu steigenden Verbraucherpreisen, verhindert aber eine Preissenkung (!), welche sonst der unter der Abgabenlast ächzenden Mittelschicht zugute gekommen wäre.
In einer von Bloomberg durchgeführten Umfrage, rechnen 82% der befragten Analysten mit weiteren Impulsen seitens der EZB. 54% gehen davon aus, dass diese Maßnahmen bereits im September erfolgen werden. Alle Befragten rechnen mit einer Verlängerung der Anleihekäufe über den März 2017 hinaus und rund 32% mit einer Senkung der Zinsen. Auch wird von den meisten wegen der Knappheitsproblematik eine Anhebung der Emittenten/Emissionsobergrenze erwartet.
Eine Ausweitung des Anleiheuniversums gepaart mit einer Anpassungen der Ankaufbeschränkungen, könnten vor allem deutsche Bundesanleihen belasten.
Auch das Risiko einer Spreadausweitung ist im momentanen Umfeld nicht zu unterschätzen. Denn nicht nur die Politik in den USA rückt zunehmend in den Fokus der Anleger (Trump/Clinton), sondern auch die der Eurozone. Nach dem CDU-Desaster in Mecklenburg-Vorpommern, stehen am 18. September die Wahlen in Berlin an. In Frankreich verspricht Le Pen mit Blick auf die Wahlen in 2017 ebenfalls ein Referendum über den Verbleib in der Eurozone. In Österreich wird die Präsidentschaftswahl Anfang Oktober wiederholt. Zusätzlich zu den aktuellen Problemen in Portugal (Rating?), droht in Spanien eine sozialistische Regierung. Ministerpräsident Rajoy verlor auch die zweite Vertrauensabstimmung mit dem exakt gleichen Ergebnis von 170 zu 176. Sollte es innerhalb von zwei Monaten keine Bewegung geben, wird im Oktober das Parlament aufgelöst und es Ende des Jahres Neuwahlen geben. Das alles passiert in einer Phase, in der viele Anleihe-Neuemissionen auf den Markt kommen und das gefürchtete Referendum in Italien immer näher rückt. Gleichzeitig dürfte die obige EZB-Entscheidung am Donnerstag eher neutral für die Staatsanleihen der Südländer ausfallen (Änderung des Kapitalschlüssels unwahrscheinlich). Für eine Spreadausweitung in den Staatsanleihen der Peripherie, liegen also einige Gründe auf der Hand. Eine defensivere Ausrichtung nach der starken Spreadeinengung könnte geboten sein.