- Dem Crash nach dem Brexit-Votum folgte ein sehr starker Rebound und schon bevor eben dieser ins Leere lief, zogen einige Marktteilnehmer Parallelen zur Price-Action während der Lehman Krise. Warum? Nun, erinnern wir uns. Am 12. September 2008, einem Freitag, schloss der S&P500 @1.252 Punkten. Ganz früh am darauf folgenden Montag stellte die Investmentbank den Insolvenzantrag und schickte den Aktienmarkt auf Talfahrt. Doch schon bis Freitag, den 19. September, erholten sich die Kurse derart stark, dass sämtliche Verluste wieder wettgemacht wurden. Der S&P500 schloss am 19. September @1.255 Punkten. Erst danach, mit einer Verzögerung, folgte eine zweite große Verkaufswelle bis Mitte Oktober 2008 hinein. Der S&P500 verlor 28% in nur 20 Handelstagen.
- Wir nennen das alle heute „The Lehman Moment“, so als ob die Märkte genau ab der Insolvenz dieser Bank ununterbrochen in den Keller gerauscht wären. Tatsächlich hat eben dieser „Moment“ so nicht stattgefunden. Die damalige Situation war im Detail viel komplizierter, als wir es heute in Erinnerung haben. Es hat einige Zeit gedauert, bis sich der Markt über die Dimension dieses Ereignisses bewusst wurde. Wie es so schön heißt: „Things take time to play out!“
- Ob es mit dem Brexit und der italienischen Bankenkrise ähnlich abläuft, werden wir sehr bald erfahren. Damals wie heute, waren es als erstes die Immobilienfonds, die Probleme bekamen. Die Financial Times berichtete vorgestern, dass der Standard Life Retail Immobilienfond wegen starker Mittelabflüsse die Verkäufe der Anleger stoppen musste. Diese Abflüsse sind getrieben durch die Angst, dass Immobilienpreise im Vereinigten Königreich unter Druck kommen könnten. Gestern zogen weitere Fonds nach, Aviva und M&G.
- Der gestrige Tag stand denn auch wieder ganz im Zeichen von „Risk Off“. Sämtliche Risikoanlagen verloren deutlich an Boden. Die Sorgen um die Folgen des Brexit, um die italienischen Banken und der stark fallende Ölpreis, waren die Haupttreiber. Die im CDS-Markt implizierte Wahrscheinlichkeit einer Pleite der Bank Monte dei Paschi stieg auf 67%!!! Das britische Pfund fiel gegenüber dem US-Dollar unter das Brexit-Tief 1,3113, dem tiefsten Stand seit 31 Jahren. Gold konnte sich nach anfänglicher Schwäche erholen und verzeichnete erneut ein Tagesplus. Staatsanleihen waren als sicherer Hafen gefragt. Die gesamte Schweizer Zinsstrukturkurve bis raus auf 50 Jahre handelt jetzt im negativen Bereich. Ein Händler twitterte passend: „It’s as if the world is in short position on the value of time“. In folgenden Staatsanleihemärkten sahen wir neue Allzeittiefs bei den Renditen: Schweiz, Dänemark, Schweden, Finnland, Österreich, Irland, USA, Australien, Neuseeland.
- Nach dem Brexit-Votum hat sich die Zinsstrukturkurve in den USA auf neue Tiefs verflacht. 3 Monate gegen 10 Jahre ist jetzt bei 115bps. Anfang des Jahres waren es noch 210bps. Der 2yr/10yr Spread liegt nur noch bei 85bps vs. 120bps am 01. Januar. Diese unaufhaltsame Verflachung der Kurve ist sehr besorgniserregend. Sie deutet auf eine anstehende Rezession in Amerika. Kein Wunder, dass die Deutsche Bank jüngst die Wahrscheinlichkeit für eine Rezession in den nächsten 12 Monaten auf 60% hochschraubte. Neben der italienischen Bankenkrise ist die Verflachung der Kurve ein weiterer Belastungsfaktor für die Banken.
- „Risk Off“ auch heute Nacht in Fernost. Aktienindizes allesamt im Minus. Das Pfund Sterling nimmt in der Talfahrt gegen den USD Geschwindigkeit auf (1,2798!!!). Gold steigt auf über 1.370 USD. Der japanische Yen legt stark zu (USD/JPY 100,81). Erstmal überhaupt handeln 20-jährige japanische Staatsanleihen mit negativer Rendite. Die PBoC wertet im Fixing den Yuan gegen den USD weiter ab. 6,6857 vs 6.6594. Anschnallen!