- Es war schon eine unglaubliche Woche. Fed-Mitglieder signalisierten aggressiver denn je baldige Zinserhöhungen und trotzdem legten die Aktienmärkte zu. Selbst als sich Yellen am Freitagabend ebenfalls „falkenhaft“ präsentierte, reagierten die Indizes nur kurz verschnupft und legten dann bis zum Closing abermals leicht zu (S&P +0,4%, auf Wochenbasis +2,3%). Das alles passiert wohlgemerkt in einem Umfeld, in dem nicht nur eine Zinserhöhung zu verdauen wäre, sondern auch eine angeschlagene langfristige Charttechnik, eine Abstimmung zum Brexit sowie Wahlen in den USA & Spanien.
- Wie ist diese Marktreaktion zu erklären? Lag es daran, dass viele große „Player“ feiertagsbeding nicht da waren? In der Tat fand die Rallye auf Basis eines Volumens statt, wie wir es eigentlich sonst nur um die Weihnachtfeiertage erleben. Heute bleibt der US-Markt wegen „Memorial Day“ geschlossen. In London haben wir einen Bank-Feiertag. Geht es wieder in die andere Richtung, wenn ab Dienstag die Liquidität in den Markt zurückkommt?
- Glauben Aktienmarktteilnehmer vielleicht, dass die „hawkishe“ Rhetorik nur Säbelrasseln sei und tatsächlich dann beim Fed-Meeting mal wieder nichts folgen wird? Oder stimmt das, was man zuletzt in der Main-Stream Berichterstattung über die Märkte lesen konnte? Die Konjunktur werde anziehen (lol), alles wird gut, deshalb erhöhe die Fed die Zinsen. Diese Interpretation wirkt doch sehr an den Haaren herbeigezogen, ja fast verzweifelt.
- Möglicherweise glauben die Marktteilnehmer auch wieder an einen „Policy Error“ der amerikanischen Notenbank. Sprich, ein Zinsschritt im Juni oder Juli wäre der letzte „hike“. Man denkt, danach sei bedingt durch eine Rezession wieder Schluss, bzw. käme es wieder zu Zinssenkungen oder gar QE4. Tatsächlich hat der Markt bisher auf die Rhetorik der Fed zwar reagiert und die Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung in den nächsten Wochen neu gepreist, aber für die Zeit danach (!), wird nicht mit einem anhaltenden Zinserhöhungszyklus gerechnet. Beim Blick auf die US-Zinsstrukturkurve, könnte man diesen Schluss ziehen. Diese Verflachte sich zuletzt deutlich und signalisiert damit eine Rezession. Normalerweise würde man bei steigenden Kursen von Risikoanlagen eine Versteilung der Kurve erwarten. Seitdem der Aktienmarkt am 11. Februar seinen Boden bildete, stieg nicht, sondern sank die Renditedifferenz zwischen 2- und 10-jährigen Anleihen. Wir befinden uns jetzt mit knapp 96 Basispunkten auf dem flachsten Niveau sein Oktober 2007. Auch damals signalisierte die Renditekurve den aufkommenden Sturm. Es ist schwer vorstellbar, dass die derzeitige Divergenz zwischen S&P (steigt) und der 2/10yr Kurve (flacher) Dauer sein wird. Eines der beiden Marktsegmente liegt falsch.
- Eventuell sind es auch nur Algos, die auf einen schwachen Euro & Yen reagierten, während „Real Money“ dem Frieden nicht traut und sich zurückhält. EUR/USD fiel am Freitag um weitere -0,7% und handelt nunmehr nur noch knapp über der 1,1100, einen 2-Monatstief. Währung schwach?! ? – Check! Gut für Exporte?!? – Check! Dax kaufen?!? – Check!
- Es kann natürlich auch sein, dass es eine Kombination aus all diesen Dingen war. Der Markt hat einfach mal wieder eine Party hingelegt, sich in einen Rausch gefeiert und es wird ein Kater folgen. So war es im Dezember, als die Fed erstmals nach fast einer Dekade wieder an der Zinsschraube drehte. Es folge eine kleine Santa-Rally und danach ein Debakel.
- Im S&P500 (2.099) sind wir jetzt dort, wo wir gegen Ende April standen. Wir befinden uns damit weiterhin in der wichtigen Trading-Range zwischen der Schlüsselunterstützung um 2.030 und dem Schlüsselwiderstand knapp über der 2.110. Small Caps (Nebenwerte) konnten sich zuletzt von ihren Tiefs zwar auch lösen, bei der Chart-Analyse des Russel 2000 (Weekly) wird aber klar, dass der mittelfristige Abwärtstrend (ausgehend vom Hebst 2014) weiterhin intakt bleibt und der Index es nicht wieder in den langfristigen Aufwärtstrendkanal zurückgeschafft hat. „Small Cap Leadership“ würde man sich in einem richtigen Bullenmarkt wünschen. Davon sind wir weit entfernt.
- Interessant könnte es auch am Anleihemarkt werden. Die Renditen der amerikanischen zehnjährigen Treasuries sind zwar bisher nicht rasant angestiegen aber liegen höher. Seit Ende Februar verzeichnen wir außerdem eine Serie von höheren Renditetiefs im Chart. Etabliert sich da vielleicht doch ein Aufwärtstrend? Falls ja, könnte das zum Belastungsfaktor für die Aktienmärkte werden.
- Den Chinesen gefällt die jüngste Fed-Rhetorik natürlich überhaupt nicht, insbesondere nachdem Yellen am Freitag ins gleiche Horn geblasen hat. Sie hatten sicherlich gehofft, dass die Chefin selbst die „hawkishe“ Rhetorik der anderen Mitglieder relativiert oder gar negiert. Nachdem die PBoC bereits letzte Woche reagierte, handelt sie auch heute Morgen und wertet den Yuan im Fixing gegen den USD auf den niedrigsten Stand seit Februar 2011 ab (um 0,45% auf 6,57849). Im Mai hat CNY/USD nun bereits -1,3% verloren. Nicht nur Goldman Sachs warnt richtigerweise vor einer erneuten Kapitalflucht aus dem Reich der Mitte.
- Apropos Kapitalflucht aus abwertenden Fiat-Währungen! Eine Währungsrevolution kennt keine Feiertage. Ausgehend von einem stabilen Plateau jenseits der 430-USD-Marke hat Bitcoin am Wochenende ein neues Jahreshoch erreicht. Erstmals seit August 2014 handelt dieser wieder über 500 USD(aktuell @532 USD bzw.@ 478 EUR). Die Community vermutet, dass dies etwas mit den jüngsten Yuan-Abwertung der Chinesen zu tun haben könnte (siehe Blog). Am Freitag knackte der Bitcoin-Kurs an den chinesischen Börsen die seit mehr als sechs Monaten umkämpfte 3.000 Yuan-Marke. In fünf Versuchen, war diese Mission bisher gescheitert. In China wird die digitale Währung mit einem deutlichen Aufschlag gehandelt, da es schwierig ist, Geld in die Volksrepublik ein- und auszuführen. Der starke Anstieg des Bitcoin könnte tatsächlich ein Indiz für eine beschleunigte Kapitalflucht sein. Zuerst ignorieren sie Bitcoin – Check! Dann lachen sie über Bitcoin – Check! Dann bekämpfen sie Bitcoin – Check!…..und dann gewinnt Bitcoin!