- Kaum schreibe ich darüber, dass die Märkte die jüngste Rhetorik der Notenbanken seltsamerweise ignorieren, passiert es. Erstmals seit langer Zeit reagierten gestern Aktien und Anleihen plötzlich doch auf eine sich ankündigende restriktivere Geldpolitik der Notenbanken. Auslöser im Speziellen waren die Worte Mario Draghis auf einem EZB-Forum in Portugal. Vereinfacht gesagt betonte der EZB-Chef, dass mit einem weiteren Anstieg der Inflationsrate gerechnet werde, die Erholung der Wirtschaft in der Eurozone nachhaltig sei und die politischen Unsicherheiten weniger werden. Man könne durch inflationshemmende Faktoren „hinweg schauen“. Daran hing man sich auf. Alles in allem war das eindeutig „hawkish“ und der Markt reagierte entsprechend. Der Bund Future verlor als erste Reaktion praktisch aus dem Stand 60 Ticks (Anleiherenditen hoch) und kannte bis zum Abend nur noch eine Richtung. Die Anzahl der gehandelten Kontrakte stieg dabei sprunghaft an (alleine 60T Kontrakte in den ersten 10 Minuten nach den Headlines). Die Rendite der 10j Bundesanleihen stiegen um 10 Basispunkte. Die vom Markt implizierte Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung im Juni 2018 stieg auf über 50%. Der Euro legte zum US-Dollar über 1% zu. Mit allen Aktienindizes ging es talwärts. Lediglich Bankaktien konnten aufgrund der Aussicht auf höhere Zinsen zulegen.
Die Abwärtsdynamik verstärkte sich, als Yellen nach Handelsschluss in Frankfurt das Wort ergriff und vor hohen Bewertungen an den Märkten warnte („Asset valuations are somewhat rich by traditional valuations like price-earnings ratios“, …..“some asset valuations look high.“). Weitere Fed-Mitglieder äußerten sich ähnlich. Fischer: „Equity P/E ratios are near top of historical levels“, ….“notable risk appetites in asset markets.“ Williams: …“somewhat concerned about the complacency in the market“, …..“the stock market still seems to be running very much on fumes…“
Nun, die Nachricht an die Märkte ist unmissverständlich – ihr lauft zu heiss!!!! Der von mir sehr geschätzte Peter Schiff beschrieb die Rhetorik der Notenbanker mit den Worten: „They’re not afraid of collapsing the bubble on Trump’s watch.“ Hat der Mann recht? Könnte es sein, dass die Fed sich jetzt unter einem vom Establishment ungewollten Präsidenten Trump entschieden hat, die Blase zum Platzen zu bringen??? Fall ja, bekommt der Satz „Don’t fight the Fed“ plötzlich eine ganz neue Bedeutung. - Yellen wählte zwar auch beruhigende Worte – „don’t expect another crisis in our lifetimes“, aber dieser Satz erinnert doch eher an die legendäre Aussage ihres Vorgängers Bernanke im Anlauf auf die Immobilienkrise. Damals sagte er: „Problems in the subprime market seems likely to be contained.“ Ähnlich wie ihm, wird ihr die gestrige Aussage früher oder später richtig um die Ohren fliegen. So ziemlich jeder wird sich diesen Satz auf Wiedervorlage legen.
- Ich bin gespannt, ob die gestrige Reaktion nur eine Eintagsfliege war, schliesslich befinden wir uns im S&P nur lächerliche 1% unter den Jahreshochs, oder ob tatsächlich mehr dahinter steckt. Bislang wollte man tatsächlich nicht glauben, dass es die Zentralbanken ernst meinen mit dem Anziehen der Zügel. Lange mussten die Anleihe- und Aktienbären bisher auf eine solche, eigentlich logische Marktbewegung warten. Jeder, der zu entsprechend positioniert war, wurde in den danach folgenden Short-Squeezes gegrillt.
Vielleicht werden die Geduldigen ja doch irgendwann belohnt. Erinnern wir uns! Über drei Jahre hat es gedauert, bis auf den Start des Zinserhöhungszyklus der Fed der Aktienmarkt 2007/2008 ein Hoch ausbildete und dann ein Crash folgte. Grund war das Platzen der Immobilienblase im Zuge steigender Zinsen (Subprime). Seit der ersten Zinserhöhung der Fed im aktuellen Zyklus, sind immerhin bereits eineinhalb Jahre vergangen. Der Markt sollte sich also fragen, ob die Schonfrist diesmal halb so lange ist wie damals. Problem dabei, die Welt ist heute weitaus stärker mit Fremdkapital gehebelt als damals.
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