- Bis kurz vor Schluss sah es im Dax gestern eigentlich nach einer Verschnaufpause aus. Vergeblich versuchte sich der Index in einem Durchbruch der Widerstände knapp unter der 10.400. Ein schwacher Ölpreis sowie die Sorge um den Corporate Bondmarkt in China, drückten auf die Stimmung. Am späten Nachmittag wurden wir dann allerdings mal wieder von einem Gerücht beglückt, wonach es im Mai in Russland zu einem neuen Treffen zur Deckelung der Öl-Fördermengen kommen soll. Ja, Sie haben richtig gelesen! Die Russen selbst gaben zwar kurze Zeit später bekannt, nichts von einem solchen Treffen zu wissen, egal, Öl & Dax machten einen Satz nach oben (Dax Closing +0,69%). Es ist schon unglaublich, dass man diesem Schmarrn überhaupt noch Beachtung schenkt. Der Markt muss kaputt sein, wenn nur noch idiotische Gerüchte die Kurse zu treiben im Stande sind. Treffend schrieb ein Blogger gestern auf Twitter: „The year is 2030: oil inventories surpass 5 trillion barrels; oil costs $1,394,093/bbl after 3891th rumor that OPEC will freeze output.” Richtig, purer Sarkasmus ist wahrscheinlich das einzige Mittel, welches seriösen Marktteilnehmern noch hilft, um diese Price Action auszuhalten.
- Die Wall Street zeigte sich weniger euphorisch und trat praktisch auf der Stelle (S&P +0,08%). Der Dax zeigt also relative Stärke. Selbst wenn er weiter nach oben möchte, wird dies aber ohne die Hilfe der US-Indizes nicht gelingen. Diese kämpfen mit einer schwachen Berichtssaison der US-Unternehmen, auch wenn man das mit der typischen „schlimm, aber nicht so schlimm wie erwartet“-Rhetorik herunterzuspielen versucht. Auffallend war erneut die Underperformance der Tech-Werte, ein Zeichen, dass die Luft zunehmend dünner wird.
- Mit der jüngsten Rallye im Dax, hat sich das Bild in der Technik kurzfristig deutlich gebessert. Was aus Sicht der Bullen jetzt aber nicht passieren darf, ist ein Schlussstand unter der Anfang der Woche durchbrochenen ehemaligen Widerstandszone bei 10.100/20.
- Wie von den Chartisten der UBS vorhergesagt, haben die europäischen Aktienindizes nach einem Trading Low in der vergangenen Woche einen Anstieg auf neue Verlaufshochs vollzogen. Trotzdem ändert sich ihre bärische Prognose nicht. Ihre Zielmarke um die 200-Tagelinie sei erreicht. Sie rechnen noch in dieser Woche mit der Ausbildung eines zyklischen Tops. Im EuroStoxx könnten wir dabei die März-Hochs @3.128 noch knacken (gestern passiert), mit Überschießen sogar auf 3.200 (im Dax „best case“ auf aktuellem Nieveau @10.400). Die Rallye wäre aus technischer Sicht allerdings nur „temporär und würde ein Mean Reversion einleiten.“ In den nächsten Monaten rechnen die Techniker mit einer anhaltenden Bewegung nach unten. Sie erwarten somit eine baldige Rückkehr in die alte Trading Range (EuroStoxx unter 3071, Dax unter 10.100), was der Markt als bärisches Signal werten würde. Die 9.500er Marke im Dax stellt für Q2 die Schlüsselunterstützung dar. Im Laufe des Sommers erwarten sie neue Tiefstände.
- Für die US-Indizes sind sie nicht weniger pessimistisch. Sie halten an ihrer Einschätzung fest, dass diese im Juni 2015 eine Topbildung vollzogen haben. Die Kursschwäche im Januar gelte außerdem als Bestätigung dafür, dass sich der amerikanische Aktienmarkt „in a full size bear market“ befindet. Die Aufwärtsbewegung ausgehend von den Februartiefs ist und bleibt eine Bärenmarktrallye. Zur Price Action der letzten Tage schreiben sie, dass das neue Reaktionshoch im S&P lediglich ein „low momentum breakout“ gewesen sei. Zahlreiche technische Indikatoren haben diese Bewegung nicht bestätigt (z.B. RSI, breadth). Auch der VIX-Index nicht. Dieser reagierte mit der Aufwärtsbewegung der Aktienindizes nicht mit einem neuen Reaktionstief. Diese Art der Divergenz, so die Techniker, sei oftmals ein „high conviction indicator for market tops“. Auch hier rechnen sie also früh im zweiten Quartal mit einer Topausbildung. Das Tief der letzten Woche @2.033 ist nun im S&P die Schlüsselunterstützung über die kurze Frist. Vorher erwartet uns aber schon bei 2.075 eine wichtige Marke. Es ist das „breakout level“ der letzten Woche. Ein Wiedereintauchen in diese Zone wäre bereits als sehr negativ zu werten. Auch hier warnen sie also davor, der jüngsten Rallye hinterherzujagen und empfehlen, diese als Verkaufsgelegenheit zu nutzen. Im Juni/Juli rechnen sie mit einem „re-test“ der Schlüsselunterstützung @1.820/1.800.
- Heute steht das EZB-Meeting auf der Agenda. Neue Impulse sind von der Zentralbank, die ihr Pulver verschossen hat, nicht zu erwarten. Ein bisschen „what ever it takes“- und „we can still do more“-Rhetorik wird nicht fehlen, vielleicht auch ein paar Details zu den geplanten Käufen von Unternehmensanleihen. Es könnte auch sein, dass Draghi Stellung bezieht zur der jüngst wachsenden EZB-Kritik aus Deutschland. Wahrscheinlich wird der EZB-Präsident und Ex-Goldman Banker aber deutsche Befindlichkeiten einfach ignorieren.
- Mitsubishi war gestern in aller Munde. Der Autohersteller gab zu, bei seinen Dieselmotoren die Abgaswerte manipuliert zu haben. Die Rede ist von 625.000 Fahrzeugen. Die Aktie verlor 15%. Das japanische Transportministerium hat derweil eine Razzia in einer Fabrik des Autobauers durchgeführt. Laut japanischen Medienberichten wolle die Regierung untersuchen, wie der Konzern die Daten für Kleinwagen schönte.
- Volkswagen scheint in der Abgasaffäre ein Rahmenabkommen mit den US-Behörden getroffen zu haben. Insidern zufolge wird VW heute voraussichtlich anbieten, bis zu 500.000 Dieselfahrzeuge zurückzukaufen. Alternativ werde Kunden womöglich eine Reparatur angeboten. In beiden Fällen würden Besitzer der Autos eine zusätzliche Entschädigung erhalten, wofür ein Fond mit einem Volumen von vermutlich mehr als einer Milliarde Dollar eingerichtet werde.