In den letzten Tagen fühlte man sich stellenweise zurückversetzt an den Jahresanfang, als es an den Kapitalmärkten extrem heiß her ging. Ich meine das nicht so sehr im Sinne der aktuellen Kursbewegungen, diese waren (noch) recht moderat, sondern aus Sicht eines Fed-Watchers. Damals bestimmte das eine große Thema das gesamte Marktgeschehen – die sogenannte „Policy Divergence“ (US-Notenbank strafft,…..ECB/BoJ/PBoC lockern die Geldpolitik). Ein dadurch beflügelter US-Dollar sorgte für sinkende Kurse in allen Risikoanlagen. Insbesondere Emerging Markets, Rohstoffe und Aktien kamen unter die Räder und sorgten stellenweise für eine Endzeitstimmung, wie wir sie letztmalig am Hoch der Eurokrise erleben durften.
Wie wir alle mitbekommen haben, führten diese Turbulenzen ab Mitte Februar dazu, dass die Fed aus Angst vor einer Kernschmelze am Kapitalmarkt eine Kehrtwende in ihrer Rhetorik vollzog. Der US-Dollar, den man schon mit hundertprozentiger Sicherheit auf der Parität zum Euro prognostizierte, machte einen U-Turn. Das Ergebnis war eine „short squeeze“ induzierte Rallye an allen Fronten, die selbst die meisten Bullen unter uns in ihrem Ausmaß nicht für möglich gehalten haben.
Jetzt, mit einem S&P nördlich der 2.000er Marke und einem tief gespaltenen Fed-Direktorium, dreht die wichtigste Notenbank der Welt wieder auf „hawkish“ (Dudley und Lacker machte gestern weiter u.a. mit: „….comfortable with four Fed rate hikes in 2016.“) und die Frage ist durchaus berechtigt, ob sie es diesmal tatsächlich ernst meint. Das nächste Meeting ist ein „Live Meeting“! Entweder steigt die implizierte Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung in den nächsten drei Wochen auf 100%, oder sie fällt wieder auf 0%. Für Volatilität wird das sorgen. Keine Frage, es ist jetzt wieder spannend. Ein „hike“ käme zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, denn technisch ist der Aktienmarkt extrem angeschlagen. Darüber haben wir an dieser Stelle ausreichend geschrieben. Somit wird es jetzt in den nächsten Tagen sehr interessant zu sehen sein, ob wir uns wieder in eine ähnliche Phase der Angst begeben werden wie im August/September 2015 oder im Januar/Februar 2016. Viel scheint dafür nicht mehr zu fehlen!!!
Was ist diesmal aber anders? Nun, im Laufe des letzten Jahres war die Fed auf gutem Wege, sich mit einem vorsichtig eingeschlagenen Zinserhöhungszyklus wieder ein bisschen Glaubwürdigkeit aufzubauen. Selbst aus den Reihen der schärfsten Kritiker, gab es für diesen symbolischen Akt der „Normalisierung“ der Geldpolitik Lob. Leider wurden diese Vorschusslorbeeren mit der oben beschriebenen Kehrtwende komplett verspielt. Jetzt ist es, als stecke die Fed im Treibsand. Bewegt sie sich in die eine Richtung, sinkt sie tiefer, bewegt sie sich in die andere, sinkt sie auch, und bewegt sie sich überhaupt nicht mehr, geht es ebenfalls abwärts. So läuft es eben, wenn alle Glaubwürdigkeit verspielt ist.
Die Bank of Amerika hat die Verhaltensweise der Fed, mit der sie ihre „Credibility“ verspielt, wunderbar in einem Kreisdiagramm dargestellt. Mit „Fed Threatens Hike“ fängt es an. Im Uhrzeigersinn geht es weiter mit „Markets Tank“, gefolgt von „Fed Delays Hike“ und schließlich „Markets Recover“. Das Spiel geht dann oben wieder von vorne los. Ein von mir sehr geschätzter Marktteilnehmer formulierte es etwas frecher, aber ebenso treffend. Zusammen mit einem unvorteilhaften Bild Yellen’s auf Twitter (hämisch und häßlich grinsend) schrieb dieser: „I send out my Minions to talk hawkish and then I come out by the end of the month and talk dovish again. Ha, ha!“
Vermissen Sie nicht auch die Zeiten, in denen man extrem respektvoll seinen Währungshütern begegnete? Auch wenn es am Ende immer zum Tode verurteilt ist, hat ein ungedecktes Papiergeldsystem nur eine Chance zu funktionieren, wenn man beim Anblick seiner Zentralbanker vor Ehrfurcht erzittert. So war es damals bei der guten alten Bundesbank und der Fed Anfang der Achtziger. Unseren heutigen Haufen Zentralbanker als „Währungshüter“ zu bezeichnen, wäre eine absolute Schade!!!
Im asiatischen Handel sehen wir heute bei den Aktien kurz vor dem G7 Treffen einen kleine Erholung. Der Ölpreis legt erneut zu. Der Dax wird wohl mit einem Gap nach oben starten. Zum Wochenende wird es aus technischer Sicht aber vielleicht trotzdem spannend. Dax und S&P 500 machten gestern beide Anstalten, die wichtigen Unterstützungen auf der Unterseite zu testen. Im Dax ist es das Tief vom 08.Mai @9.738, im US-Index die Gegend um 2.130 (Tiefs April/Mai). Ein nachhaltiger Durchbruch, insbesondere auf Wochenbasis würde die Niederlage der Bullen endgültig besiegeln. Der „Top-Call“ wäre perfekt!
Bedenken wir aber (ebenfalls vom oben genannten Marktteilnehmer verfasst):
There are 3 certainties in life:
1) Death
2) Taxes
3) Central Banks freaking out when S&P500 gehts to an 1.8XX handle.
….wie recht er damit doch hat!!!!