• Während sich die Aktienmärkte in der neuen Trump-Welt auch gestern weitgehend orientierungslos zeigten, ging es in anderen Marktsegmenten erneut ganz schön zur Sache. Die Anleihemärkte und EMK gerieten abermals unter Druck. Der Preisrutsch bei Papieren mit langer Laufzeit verdeutlicht, was Durationsrisiko in die andere Richtung eigentlich bedeutet. Wer beispielsweise vor knapp zwei Wochen die neue österreichische Staatsanleihe mit Laufzeitende November 2086 zum Emissionspreis von 98,717 kaufte, oder schlimmer, zu 102,00 vor einer Woche, bekam dafür gestern Nachmittag eine Geldseite @88,40 gestellt (siehe Chart). Das ist ein ganz schön großer „Swing“ für eine langweiliges, stabiles, konservatives, müdelsicheres, Aa1/AA+/AA+/AAA Investments, gelle!?! Den Investoren der neuen 50j italienischen Staatsanleihe (BTPs) erging es noch schlimmer. Sie verloren bisher 16% auf ihr Engagement. Klar, hier kommt die Angst vor dem Referendum und einem EU-Ausstieg dazu (Stichwort: #Italeave).

 

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Quelle: Bloomberg

  • Zur Erinnerung, die Bücher dieser „Langläufer“, sei es Italien, Spanien, Irland, Belgien, Österreich oder diverse Unternehmensanleihen, waren in letzter Zeit immer um ein Vielfaches überzeichnet. Das was gerade in vielen Portfolios passiert, dürfte einem Blutbad gleichen. US-Treasuies mit 30j Laufzeit handeln jetzt wieder über 3.00% (Kurs runter). Das ist das höchste Niveau seit dem Zinsschritt der Fed im Dezember vergangenen Jahres. Die 10j steht @2,21%. KEINER der von Bloomberg regelmäßig befragten 65 Analysten hatte zum Jahresende hier einen Anstieg über die 2,00% auf dem Radar. Der „Developed Sovereign Bond Index“ legte in den letzten 5 Tagen den größten Kursverlust in seiner Geschichte hin. Die Bewegungen erinnern an den „Taper Tantrum“ Sell-Off im Jahre 2013. Absolut gesehen ist das historisch natürlich noch immer ein sehr niedriges Renditeniveau. Entscheidend ist aber die Geschwindigkeit des Renditeanstiegs der letzten Zeit, der sich mit Trump seit Mitte letzter Woche noch erheblich beschleunigt hat. Die Hauptperformancequelle in den meisten Portfolios waren in diesem Jahr die Kursgewinne der Anleihen. Eben diese schmelzen gerade schneller ab, als man zum Händlertelefon greifen kann. Weitere Verkaufswellen drohen, wenn Portfoliomanager aktiv werden, um noch schnell das zu konservieren, was von den Gewinnen übriggeblieben ist. Ist das überhaupt noch der Fall?!?
  • Logisch, dass die steigenden Treasury Renditen auch gestern wieder den US-Dollar beflügelten. Der Dollar Index durchbrach die psychologisch wichtige Schallmauer von 100. Gold (-1,00%) und Öl (-2,2%) entsprechend schwach. Da EUR/USD gleichzeitig in Richtung 1,0700 abschmierte, blieben wenigstens Goldinvestoren auf Eurobasis diesmal verschont. Ich bleibe aufgrund der gestiegenen Inflationserwartungen für Gold positiv gestimmt.
    Die Lage an dem Anleihe- und Devisenmärkten beruhigte sich gestern gegen Handelsschluss in NY etwas, als Goldman in einer Analyse schrieb, dass die Maßnahmen Trumps nicht den Effekt auf Wachstum und Inflation haben werde, den man sich aktuell zusammenreimt. Auch hoffen einige Marktteilnehmer, dass sich die Fed-Mitglieder bei ihren jetzt anstehenden Reden weniger „hawkish“ präsentieren, als vom Markt momentan eingepreist. Wäre allerdings das Gegenteil der Fall, wird es noch schlimmer für Festverzinsliche werden.
  • Es wird extrem spannend zu sehen sein, ob die Trump-Agenda zusammen mit der Saisonalität die Aktienmärkte beflügeln oder belasten wird. Ich bin mir (noch immer) nicht sicher, denke aber, dass ein anhaltender Renditeanstieg am Anleihemarkt gepaart mit Protektionismus, einem starken Dollar und einem Blutbad in Emerging Markets am Ende des Tages doch zu viel Gegenwind für die Aktienmärkte bedeuten wird. Dass niedrigere/vereinfachte Besteuerungen, riesige Fiskalpakete, Deregulierung und Repatriierung von Überseereserven der US-Konzerne eine Aktienhausse auslösen könnte, ist aber nicht von der Hand zu weisen. Insbesondere dann, wenn Trump die USA fast wie ein Unternehmer führen sollte. Stellt sich der Mann, den die meisten Marktbeobachter vor wenigen Tagen noch als „Investorenschreck“ bezeichnete am Ende etwa als Heilsbringer für die Wall Street heraus?!?
  • Asien heute Nacht: Dollar und Anleihen setzten zunächst zu einer kurzen Gegenbewegung an. Dann wertete allerdings die PBoC erneut den Yuan im Fixing ab. Diesmal von 6,8291 auf 6,8495, dem niedrigsten Level gegen den Greenback seit Dezember 2008. Ausserdem stieg die Rendite der japanischen 10j Anleihe erstmals seit September über die kritische 0,00%. Es ist die Marke, welche die BoJ bekanntlich mit allen Mitteln verteidigen möchte. Erst im Juli verzeichneten die Papiere in der Rendite ein Rekordtief von -0,30%.
  • In der Nacht verkündete die italienische Krisenbank Monte dei Paschi di Siena offiziell den Schuldentausch auf Nachranganleihen. Forderungen in Höhe von 5,3Mrd. Euro können jetzt in eine Aktienbeteiligung an dem Geldhaus gewandelt werden.

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