- Seit dem US-Arbeitsmarktbericht am Freitag konsolidieren die Märkte und warten auf die nächsten größeren Impulse. Einige Marktbeobachter interpretierten die Zahlen zur Beschäftigungssituation aufgrund der stärker als erwarteten Payrolls positiv für die Konjunktur und deshalb sei der Aktienmarkt zum Wochenschluss auch gestiegen. Andere hingegen verwiesen auf die unter den Erwartung liegenden durchschnittlichen Stundenlöhnen, die auf eine sich abschwächende Konjunktur hindeuteten und deshalb für eine vorsichtigere Vorgehensweise der Fed in ihrem aktuellen Zinserhöhungszyklus sorgen würden. Auch dies sei aktienpositiv. Hmm, wie jetzt? Ja, es ist schon fast drollig, aber auch verwirrend wie man sich im Nachhinein die Argumentationsketten so zurechtlegt. In jedem Fall aber verdeutlich es tatsächlich, wie schwer es uns allen fällt, im Tagesgeschäft den Überblick zu behalten. Versuchen wir Licht ins Dunkel zu bringen und fassen nochmal zusammen.
- In den letzten Handelstagen konnten sich die Aktienmärkte zwar immer wieder leicht behaupten, vieles deutet aber seit kurzem darauf hin, dass steigende Aktien- und Anleihekurse wohl eher eine technische Gegenbewegung nach oben innerhalb einer größeren Sommer-Abwärtsbewegung sein könnten. Die Notenbanken sind in einer misslichen Lage. Ihre Ziele sind nicht erreicht (Reflation), aber die geldpolitischen Zügel müssen angezogen werden. Dabei darf nicht der Eindruck entstehen, sie hätten die Kontrolle verloren. Ihre Schritte begründen sie daher mit einer (angeblich) gut laufenden Konjunktur. Dabei stößt beispielsweise die EZB schlichtweg alleine an technische und rechtliche Grenzen, die sie zum Umlenken zwingen. Sie darf nicht über den Schlüssel hinaus Anleihen kaufen und nebenbei gehen ihr die verfügbaren Papiere aus. Dazu die Einsicht der Fed, dass „financial conditions“ trotz Zinserhöhungen sich ungewollt gelockert haben und Risikoanlagen überbewertet sind und schon wird das Marktumfeld toxisch. Das blöde dabei, im Vergleich zu den Blasen in der Vergangenheit, beschränkten sich die aktuellen Exzesse nicht auf einzelne Sektoren (DotCom in 2000 und Housing/Credit in 2008), sondern auf fast alle Anlageklassen. „Everything Bubble“ nennt das der amerikanische Analyst Jesse Felder treffend. Die Positionierung der letzten Jahre (Aktien & Anleihen als Performance-Garant) wie auch die klassische Vorgehensweise (Aktien als Performance-Garant & Anleihen als Absicherung) wird nicht nicht mehr funktionieren, es sei denn, die Zentralbanken machen eine abrupte Kehrtwende.
- Die zwischenzeitlich steigenden Aktien- (gestern) und Anleihekurse (vorgestern) bleiben für mich daher mit recht hoher Wahrscheinlichkeit Eintagsfliegen und es wird in den nächsten Wochen ungemütlich für die Bullen in vielen Marktsegmenten werden. Nach einem ruhigen Wochenauftakt, könnte jetzt die nächste Impulswelle starten. Vor allem die heutige Rede der Fed-Chefin Yellen vor dem US-Kongress wird mit Spannung erwartet (16:00). Zur Erinnerung, ihr Amtszeit läuft bereits im Februar 2018 ab und sie wird es sich bis dahin bestimmt nicht nehmen lassen, das zu signalisieren, was sie für richtig hält.
Bullen hoffen, dass sie sich heute „dovish“ präsentiert. Zuletzt machte aber das Fed-Mitglied Williams (eigentlich neutral, nicht stimmberechtigt) deutlich, dass in diesem Jahr nochmal an der Zinsschraube gedreht wird und eine Reduzierung der Bilanz in eben diesem Jahr ebenfalls vernünftig wäre. Übermorgen werden dann die Zahlen zum amerikanischen Einzelhandelsumsatz und die Verbraucherpreise veröffentlicht. Ausserdem bringen Banken ihre Quartalszahlen (Wells Fargo, JP, Citi). Ich denke, es kommt jetzt wieder Amehr Bewegung rein.
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