- Nach dem Sell-Off des Dax in der Vorwoche, waren die Gegenbewegungen nach oben in dieser Woche zu zaghaft, um das bärische Bild in der Technik zu negieren. Zahlreiche Versuche, wenigstens die 12.500 zu überwinden, scheiterten kläglich. Eine Mindestvoraussetzung dafür, dass die Bullen auch nur den Hauch einer Chance zurückbekommen würden, wäre ein nachhaltiges Überschreiten der 12.600 gewesen. Davon waren wir die Tage allerdings zu weit entfernt. „Outright Bullish“ würde es ohnehin erst wieder oberhalb der 12.840 werden (Hoch vom 26. Juni).
Mit der gestrigen Abwärtsbewegung (Closing Kasse: -0,58% @12.381) trübte sich das technische Bild sogar noch weiter ein. Eine neue lange schwarze Kerze im Tageschart verdeutlicht den Abwärtsdruck. Der deutsche Leitindex konnte sich noch über dem Tief der letzten Woche @12.325 halten. Wird auch diese Marke durchbrochen, drohen Anschlussverkäufe mit wahrscheinliche noch heftigeren Abwärtsbewegungen. - Der techlastige Nasdaq gab gestern praktisch seine gesamten Gewinne des Vortages wieder ab. Der Volatilitätsindex Vix stieg um 17%. Alle einst so beliebten FANG-Aktien (Facebook, Amazon, Netflix, Google) handeln mittlerweile unter ihrer 50-Tagelinie. Insgesamt hält sich die Wall Street zwar noch besser als der Dax, gefährlich für die Bullen wird es auch hier, wenn der S&P500 die wichtige Unterstützung um die 2.400 nach unten durchbrechen sollte.
Bei den Einzeltiteln stand Tesla mal wieder im Fokus. Die Aktie verlor gestern bereits vorbörslich mehr als 3% an Wert (Close -5,58%). Eine Reihe an schlechten Nachrichten macht dem Unternehmen zu schaffen. Vielen Marktteilnehmern ist offensichtlich die Erfolgsstory dieses Autoproduzenten nicht mehr schlüssig genug. Ich habe die Kursrallye dieses geldverbrennenden Unternehmens ohnehin nie verstanden. Vielleicht holt uns ja jetzt die Vernunft endlich ein. Seit dem Hoch in der zweiten Juniwoche hat die Tesla-Aktie mehr als 20% eingebüßt und handelt damit jetzt offiziell in einem Bärenmarkt. - Haupttreiber der gestrigen Aktienbewegung, so bin ich mir sicher, war der extreme Anstieg der Anleiherenditen. Japan machte den Anfang, als die Rendite der 10j erstmals seit Januar wieder über das BoJ-Target von 0,10% stieg. Die Zentralbank reagierte mit Käufen oberhalb dieser Marke. In der Eurozone ging es weiter. Die 10j Staatsanleihen der Schweiz, vormals negativ, kratzen jetzt wieder an der 0%. Die 10j deutsche Bundesanleihe stieg in der Rendite über 9 Basispunkte auf nunmehr 0,56%. Das ist der höchste Stand seit 18 Monaten. Es droht im Rendite-Chart jetzt ein Ausbruch aus der seit dem Jahreswechsel gültigen Seitwärtsspanne nach oben.
- Erinnern wir uns. Anfang 2016 kamen Aktien und Anleihen gleichzeitig heftigst unter Abgabedruck. Wie damals, bekommen wir es In den letzten vier Wochen nun abermals mit einer Verdopplung der Bund-Renditen zu tun. Der Bund Future verlor in dieser Zeit über vier volle Punkte. Das ist ein riesiger Swing für den sonst so gemächlich vor sich hin dümpelnden Anleihemarkt. Da die Welt da draussen sich in ihrem Renditehunger mit Duration vollgeladen hat (Massive Longs in Anleihen mit langer Laufzeit/Papieren mit hoher Zinsreagibilität), dürfte das für viele Marktteilnehmer eine sehr schmerzvolle Erfahrung sein. Kommt zu diesen Kursverlusten (Rendite hoch, Kurse runter) noch ein schwacher Aktienmarkt hinzu, sieht es für viele Investoren aktuell böse aus.
- Wie bereits geschrieben, insbesondere bei den sogenannte „Risk Parity“ Akteuren dürfte es gerade gewaltig reinregnen. Gemessen am Risk Parity Fund Index verloren Fonds mit dieser Anlagestrategie jetzt bereits den siebten Tag in Folge. Zeichnet sich hier keine Stabilisierung ab, drohen weitere Verkaufswellen wegen entsprechender Anpassungen der Fondsmanager. Ein Abwärtsspirale droht. Goldman rät zu hohen Cash-Quoten und warnt vor gleichzeitig fallenden Aktien- und Anleihepreisen (bonds). Letztere Anlageklasse stellt für erstere nicht wie früher eine Absicherung dar wenn Zinsen (rates) stark steigen. Deren Analysten dazu: „We also think it is likely that bonds will be worse hedges for equity as rates are currently part of the risk to equity, rather than support. For risk parity investors this is particularly problematic as low equity volatility has likely driven higher equity allocations, and so shocks driven by real rate increases will be amplified in their portfolios.“
- In den vergangenen Jahren hatten wir häufiger Marktphasen mit genau dieser Price-Action. Jedes Mal bekam die Fed nach kurzer Zeit kalte Füße und kam dem Markt rhetorisch entgegen. Anschliessend beruhigte sich die Situation wieder.
Das FOMC Protokoll von vorgestern machte allerdings abermals klar, dass den Notenbankern die „financial conditions“ zu locker sind und man sich Sorgen um die zu hohen Bewertungen von Risikoanlagen macht. Somit bin ich mir nicht sicher, ob die Fed diesmal ähnlich schnell wie in der Vergangenheit zur Hilfe eilt. Diesmal könnte man dem Markt länger bei einer Talfahrt zuschauen.
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