- Kurz vor dem Wochenende wurde erstmal durchgeatmet. Anleihen erholten sich und das Momentum nach unten in den Aktienienindizes liess nach. Dax & Co. traten nach anfänglichen Kursverlusten im Vergleich zum Vortag auf der Stelle.
Insgesamt hatten es die letzten Tage aber wahrhaft in sich. Es war die vierte Woche in Folge, in der amerikanische Staatsanleihen mit Kursverlusten schlossen. Global gerechnet wurden damit in den letzten fünf Handelstagen weitere 315 Milliarden Dollar am Markt für Festverzinsliche verloren. Wie geschrieben, war der November bereits der schlimmste Monat seit Jahrzehnten. Diese Entwicklung wiegt kurz vor Jahresultimo nicht nur sehr schwer in den meisten Portfolios, sie hat nun auch negativen Einfluss auf die Aktienmärkte. Der Dax verlor auf Wochenbasis fast 2%. Der Nasdaq hatte seine schwächste Woche seit Februar. Die so beliebten FANGs und Performance-Treiber der vergangenen Jahre (Facebook, Amazon,Netflix, Google), haben in vier der letzten sechs Wochen einen auf die Mütze bekommen. Selbst Small Caps (Hauptprofiteure nach der Trump-Wahl) kamen unter Druck und verzeichneten ebenfalls die schlechteste Woche seit Februar. Das alles passierte interessanterweise, obwohl der Dollar Index erstmals seit vier Wochen tiefer schloss und der Ölpreis zulegte. Korrelationen sind momentan nur noch sehr schwer zu greifen.
Es gibt ein paar Ausnahmen. Bankaktien können im momentanen Umfeld (Versteilung der Zinskurve) nachhaltig profitieren. WTD legte der Dow Jones 10 Punkte zu. Wie berichtet, liegen die Gründe dafür aber in der seltsamen Zusammensetzung/Gewichtung. Alleine drei Aktien (Goldman, JP Morgan und United Health Group) waren unterm Strich für +150 Punkte im Index verantwortlich. Eben diese fehlende Markttiefe ist neben den stark steigenden Anleiherenditen ein weiterer Grund, warum ich nach Trump noch nicht auf die Seite der Aktienbullen wechselte. Die jüngste Aktienhausse ist nicht breit genug aufgestellt. - Während die Österreicher am Wochenende den Grünen van der Bellen zu ihrem Präsidenten machten und sich damit knapp für den „Status Quo“ entschieden, stimmte eine deutliche Mehrheit der Italiener beim Referendum mit „No“. Da Ministerpräsident Matteo Renzi seine politische Zukunft von dessen Ausgang abhängig machte, wurde der Inhalt der Reformbemühungen zur Nebensache. Offensichtlich sind die Menschen südlich des Brenners weniger bereit, die elitäre Volksverachtung der Eurokraten, die auch hier bis zur Grenze des Erträglichen praktiziert wird, länger hinzunehmen. Das Pack, der steuerzahlende Mob, die Abgehängten & Deplorables, hat/haben das „Weiter So“ ebenso abgewählt wie die Briten und Amerikaner. Damit wird der Europäischen Union ein weiterer Grundpfeiler weggerissen. Nach dem Brexit-Votum und der Trump-Wahl, setzt sich das Debakel um das Projekt Europa damit fort. Auch wenn Hofer in Österreich unterlegen war. Auch hier ist das Volk zutiefst gespalten. Die Wahl zum Kanzler wird dort anders ausfallen.
Renzi gab noch am späten Abend seinen Rücktritt bekannt. Entweder kommt es in Italien jetzt zu Neuwahlen, oder eine Technokraten-Regierung übernimmt wieder das Ruder. Wir erinnern uns an die Zeit unter Monti, dem Ex-Banker von Goldman Sachs. Passiert letzteres, wird sich die Stimmung am Kapitalmarkt schnell wieder beruhigen. Kommt es tatsächlich zu Neuwahlen, wird es turbulent. Das alles hängt jetzt von Staatspräsident Sergio Mattarella ab. - Die jüngsten Headlines, dass beim Referendum insgeheim über einen möglichen Austritt Italiens abgestimmt wurde, mag man als hysterisch und reißerisch bezeichnen. Allerdings droht jetzt tatsächlich ein Wiederaufflammen der Euro-Krise. Käme es zu Neuwahlen, gewännen sicherlich Euro- und EU-kritische Parteien die Oberhand. Auf der einen Seite steht die Bewegung Fünf Sterne mit eher linkem Stallgeruch, auf der anderen Seite die rechstbürgerliche Lega Nord. Beide könnten den „Italeave“ einleiten. Das Problem dabei, Italien ist nicht Griechenland. Italien ist „too big to bail“!!! Vor allem den italienischen Banken droht ein Fiasko. Sie sitzen auf faulen Krediten in Höhe von fast 400 Milliarden Euro und gelten als unreformierbar. In der zweiten Wochenhälfte beruhigten sich die Aktien- und Anleihemärkte in Italien etwas, da man davon ausgeht, dass die EZB im Notfall als Käufer einspringen würde. Wehe diese Hoffnung erfüllt sich jetzt nicht, dann droht ein Dominoeffekt. Die nächsten Stunden werden spannend.