- Overpromised/underdelivered!!! Es kam wie vermutet. Die Erwartungen an die EZB und ihre Maßnahmen waren einfach viel zu hoch. Die Notenbank hat nicht genug geliefert. Die Geldpolitik wurde weniger gelockert als von Draghi in Aussicht gestellt. Ein Marktteilnehmer traf mit folgender Aussage den Nagel auf den Kopf: „Draghi ist als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet.“
Fazit: Die Politik des billigen Geldes der letzten Jahre – der Versuch eine Verschuldungskrise mit noch mehr Schulden zu lösen – ist grandios gescheitert. Die Notenbanken haben ihr Pulver verschossen und das zu einem Zeitpunkt, an dem in vielen Volkswirtschaften um den Globus die Rezession schon an der Türe klopft. Als alle dachten, Draghi sei „ahead of the curve“, findet er sich „behind the curve“ wieder. - Unglaubliches spielte sich wenige Minuten vor dem tatsächlichen Zinsentscheid ab. Auf einer Webseite der Financial Times (FT), ob echt oder nicht, war zu lesen: „ECB leaves rates unchanged in surprising decision.“ Natürlich sollte sich das wenige Minuten später als absolut falsch herausstellen, aber da war der Schaden schon da. Wie vor jedem wichtigen Event, waren die Orders in den Futures nämlich schon rausgenommen worden und der Markt entsprechend illiquide. Sofort rutschten Dax und Bund Future aufgrund dieser FT Schlagzeile brutal nach unten. Selbst als dann die tatsächliche Ankündigung kam, sollten sich die Märkte nicht nachhaltig erholen. Im Gegenteil, denn trotz des Maßnahmenpaketes waren die Marktteilnehmer enttäuscht. Ich hoffe, dass die Börsenaufsicht sich dieser FT-Sache annimmt. Netter Tweet eines Marktteilnehmers der uns in diesem Zusammenhang den Humor im harten Tagesgeschäft nicht vergessen läßt: „Elvis is alive – FT reports.“
- Wie gestern gesagt, nach der EZB ist vor der Fed. Draghi hat, wenn man so will, Yellen fast einen Gefallen getan. Der Euro legte nämlich rasant um mehr als 3% gegen den Greenback zu. Der fallende $ macht es der Fed jetzt einfacher, im Dezember den Zinserhöhungszyklus einzuleiten. Die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Schritt stieg denn auch auf ein neues Hoch und liegt jetzt bei 76%.
Leihen mögen sich die Augen reiben, wie ein Euro zulegen kann, wenn die EZB die Zinsen senkt und den Markt mit billigen Geld flutet. Nun, viele haben den Euro vs. Dollar angefixt, also leerverkauft mit dem Kurziel von Goldman Sachs -der Parität. Der Trade war also richtig „crowded“, ähnlich wie auf einer Fähre, wenn alle auf die gleiche Seite rennen. Dann passiert eben manchmal etwas Unerwartetes. In diesem Fall ein berüchtigter Short-Squeeze. Der Euro stieg und zwar richtig brutal. Kein Wunder, dass das gestrige Marktgeschehen wirklich kaum jemand gefreut haben dürfte, ausser vielleicht die Herrschaften bei der SNB. Sie sassen sicherlich wie das Kaninchen vor der Schlange, aus Angst, der Euro fällt nach der EZB ins Bodenlose. Das Gegenteil passierte. Die Herren können (erstmal) aufatmen. - Der Crash im Bund Future war ebenfalls brutal und erinnerte in seinem Ausmaß an die Bewegung im Frühling. Ausgehend vom Tageshoch verlor der Kontrakt über 300 Ticks, dass dürfte viele in der Duration zerrissen haben. Auch in den USA kamen Staatsanleihen über alle Laufzeitenbänder mit Aussicht auf eine Zinserhöhung der Fed unter Druck. Die Rendite der zweijährigen Papiere stieg rasant auf 0,96% (Kurse fielen), dem höchsten Niveau sein Mai 2010!!!
- Mit dem gestrigen Kursrutsch hat der Dax seine gesamten „front running the ECB“-Gewinne wieder abgegeben. Im Index war es mit knapp 480 Punkten der größte Tagesverlust seit dem entsetzlichen „Black Monday“ am 24. August. Der S&P handelt nun erstmals seit den Terroranschlägen in Paris wieder unter der wichtigen 200 Tagelinie (2.064). Dort setzten gestern Anschlussverkäufe ein. Der VIX stieg um 3 Punkte auf fast 20 und handelt nun über der 50, 100 und 200 Tagelinie.
- Eines ist klar. Der gestrige Tag hat zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, dem Jahresende, tiefe Spuren in der P&L vieler Marktteilnehmer hinterlassen. Nicht nur short €/long $ war populär, auch Dinge wie beispielsweise short €/ long europäische Aktien. Im August und September wurde das Vertrauen der Marktteilnehmer tief erschüttert. Langsam kam der Mut im Oktober und November zurück, trotz Terror und Kieg. Und jetzt, ….enttäuscht Drahi!!!! Der Risikoappetit dürfte am Boden sein. Sollte die wichtige Unterstützung im S&P um die 2.030 halten, besteht nach dem Fed-Entscheid am 16.12 noch die letzte Chance auf eine kleine „Santa-Rally“ und es wird eine schwarze Null auf Jahressicht. Falls nicht, ……anschnallen!!!
- Auch am heutigen Freitag wird der Markt nicht zur Ruhe kommen. Zum einen steht das OPEC-Meeting in Wien an. Was passiert mit den Fördermengen? Sehen wir heute erneut einen Short-Squeeze auf einen äusserst populären Trade (short Öl)? Zum anderen wird der amerikanische Arbeitsmarktbericht veröffentlicht. Hier sind nicht nur die zuletzt überraschend starken Payrolls im Fokus der Anleger. Auch die Lohnkomponenten werden von Volkswirten mit Blick auf die Inflation genau unter die Lupe genommen werden.
- Fed: Yellen bekräftigte gestern ihre positive Einschätzung zur Entwicklung der US-Wirtschaft und macht damit eine Zinserhöhung am 16.12 wahrscheinlich. Sollten die Payrolls heute mit 200T oder mehr ausfallen, ist der „hike“ gemachte Sache.
- Japan: Am japanischen Kreditmarkt haben sich die Risikoprämien stark ausgeweitet. Der Markit iTraxx Japan Index, der die Ausfallrisiken japanischer Unternehmensanleihen abbildet, steigt um 2% (UBS).
- VW: Der vom Abgasskandal erschütterte Volkswagen-Konzern hat Insidern zufolge wichtigen Gläubigern versprochen, für die Rückzahlung eines Überbrückungskredites notfalls auch Unternehmensanteile zu verkaufen. VW sicherte sich in dieser Woche eine einjährige Kreditlinie über 20 Mrd. Euro, wie zwei mit der Sache vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters sagten. VW lehnte eine Stellungnahme ab. (Steubing)
- Märkte heute Morgen: US Treasuries in Asien stabiler. Die Aktienmärkte präsentieren sich schwach. €/$ hält die 1,090. Öl seitwärts.