Während Aktien in Europa ein gemischtes Bild abgaben, kam es an den US-Märkten am Freitag zu einer stetigen Abwärtsbewegung mit Schlusskursen an den Tagestiefs. Gemessen an seinen „Overnight Highs“ verlor der S&P immerhin 30 Punkte. Das ist recht beachtlich.
Die Zahlen zur US-Inflation lagen im Rahmen der Erwartungen (Q3 ECI, Sep PCE) und dürfte einer Zinserhöhung am 16.12 nicht im Wege stehen. Der Markt preist die Wahrscheinlichkeit dafür allerdings weiterhin bei nur 50/50 ein. Das sieht man unter anderem daran, dass Bankaktien am Freitag erneut underperformten. Ihr Sub-Index (BKX) gab mittlerweile fast die gesamten „pre-Fed“ Kursgewinne wieder ab. Interessant in diesem Zusammenhang war auch die Price-Action am Devisenmarkt. Der Dollar-Index fällt weiter und gibt ebenfalls die Fed-Gewinne wieder komplett ab. Ein Marktteilnehmer schreibt treffend: „FX guys act like Fed said nada.“
Die Tatsache, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung im Dezember noch immer so niedrig ist, macht den Markt für Risikoanlagen sehr anfällig für eine große Abwärtsbewegung. Die neue Woche könnte diesbezüglich denn auch für Volatilität sorgen, es stehen zum einen drei Reden von Fedmitgliedern an (Yellen, Fisher u.a.), zum anderen der US-Arbeitsmarktbericht (Payrolls). Schon am letzten Freitag hielt die japanische Notenbank die Füße still, zur Enttäuschung der Bullen.
Quartalszahlen von Unternehmen wurden zuhauf veröffentlicht, änderten aber zum Ausklang der Woche nicht viel am Makrobild. Das ist für mich etwas verwunderlich. So schreibt Goldman Sachs treffend zur Q3 Berichtssaison: Earnings for S&P have been mostly in line with consensus expectations, but sales results have been dismal.“ Gewinne kann man halt einfacher schönen als Umsätze, es sei denn man macht es wie damals Enron und heute Valeant (am Freitag wieder -9%). Naja, …..ABER….wer braucht denn als Unternehmer noch Umsätze, wenn er seine Bilanz dank der Niedrigzinspolitik hebeln und dann eigene Aktien (Buybacks) zurückkaufen kann?!? Auch sei von meiner Seite noch angemerkt, dass 1) viele Gewinne enttäuschten(*) und 2), die Prognosen der Analysten im Anlauf auf die Veröffentlichung der Zahlen wie so oft nach unten revidiert wurden. Danach konnte dann nach schwachen absoluten Zahlen oft behauptet werden, die Prognosen seien im relativen Vergleich übertroffen worden. Das Spiel wird langsam nervig.
*(S&P Earnings Growth: 2014 Q2 8,7%, Q3 10,1%, Q4 7,1%,…..2015 Q1 2%, Q2 1,5%, Q3 -1,4%……sieht für mich wie ein Trend aus!!!)
Ich halte das „downside risk“ für Aktien & Co. wesentlich höher als das von weiteren Kursgewinnen, vor allem wenn in den nächsten Tagen eine steigende Zinserhöhungswahrscheinlichkeit eingepreist wird und der von „windowdressing“ geprägte Monatswechsel hinter uns liegt.
Der Dow Jones legte im Oktober 8% zu, das macht ihn zum besten Monat sei Oktober 2011. Damals folgte allerdings im November und Dezember eine öde Seitwärtsbewegung mit nur noch +0,3% Wertzuwachs bis Neujahr. Wie wird es diesmal kommen? Eine Seitwärtsbewegung Ende 2015 bleibt für mich das „best case“ Szenario. Ich glaube eher an deutliche Kursverluste, die noch weh tun werden. Mittlerweile sind zu viele Marktteilnehmer in das Bullenlager gewechselt und glauben an eine Jahresendrally. Ich nehme hier eine antizyklische Haltung ein.
Technisch (z.B. gemessen am S&P) sehe ich 2015 weiterhin im Lichte einer gigantischen Top-Ausbildung am Aktienmarkt. Diese Ausbildung fing bereits im Spätsommer 2014 an. Zur Erinnerung, Bullenmärkte enden niemals plötzlich, sondern drehen ganz langsam über viele Monate. So war es auch 2000 beim Platzen der Dotcom Blase. Im Okt/Nov 2000 war der Dax im Vergleich zum Jahresanfang noch immer im Plus. Optisch erinnert diese Formation an eine große Glocke im Tageschart. Im Wochen- und Monatschart an eine HS-Formation. Auch die Stochastik deutet auf Ungemach. Im RSI haben wir es mit einer stark überkauften Situation und einer Divergenz zu tun. Der MACD befindet sich dem höchsten Niveau seit dem Jahr 2000. Auch ist der S&P so weit nach oben von seinem fallenden 50 MA entfernt, wie seit Jahren nicht mehr. Nur ein Schlusskurs über 2.094im S&P auf Wochenbasis kann diese negative Formation negieren. Wird die Nackenlinie (@1.900) nach unten durchbrochen,…..Kursziel 1.580 (-25%), das Hoch aus dem Jahr 2007.
Commerzbank: Nettoeinahmen 207 Mio. Euro (erw. 232). Q3 Gewinn vor Steuern 401 Mio. Euro (erw. 349). CET1 10,8%. CEO Martin Blessing wird seinen bis Ende Oktober 2016 laufenden Vertrag nicht verlängern. Blessing habe Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller am Sonntag darüber informiert, dass er das Angebot einer Vertragsverlängerung nicht annehmen möchte
China: Caixin Einkaufsmanagerindex im verarbeitenden Gewerbe für Oktober steigt wieder leicht auf 48.3 von zuvor 47.2 im September, bleibt aber weiterhin unter der Expansionsschwelle von 50, auch der offizielle Einkaufsmanagerindex bleibt mit 49.8 zum 3.Mal in Folge knapp darunter, trotzdem hat die chinesische Notenbank den Binnen-Yuan um 0.5% gegen den Dollar aufgewertet (stärkster Anstieg des Renminbi seit 10 Jahren). Hard Landing in China für mich weiterhin unausweichlich und mit entsprechenden Folgen für Risikoanlagen.
Handel über Nacht: Asien notierte zumeist niedriger, mit Nikkei 2% im Minus. EUR bewegt sich kaum, Yen legte zu (risk off), türkische Lira stieg kräftig.