In den letzten sechs Handelstagen befand sich der Dax in einer engen Handelsspanne zwischen 12.500 und 12.600 und wartete auf Impulse. Hier und jenseits des Atlantiks befinden sich die Volatilitäsindizes (VDax, Vix) gleichzeitig auf historischen Tiefs. Nichts scheint die Marktteilnehmer aktuell in Sachen Risikoanlagen aus der Ruhe zu bringen. Ein Risiko auf der Downside scheint man aktuell überhaupt nicht in Erwägung zu ziehen. Weder die Rhetorik Trumps in Richtung Nordkorea, noch seine nicht umsetzbaren Reformen, oder das „historische“ Fed Meeting (gestern) und die Bundestagswahl am Sonntag, sorgen für Nervosität. Zur Erinnerung! Im Vorfeld des Brexit-Votums, der US-Präsidentschaftswahl oder der Frankreichwahl, war das komplett anders. Man sicherte sich zumindest teilweise gegen mögliche unliebsame Ausgänge ab. Diesmal scheint es keinen zu interessieren.
Was wäre, frage ich mich, wenn es nicht zu einer Fortsetzung der großen Koalition in Berlin käme? Neue Griechenland-Rettungspakete und Schuldenerleichterungen würden dann nicht mehr so einfach durchzusetzen sein. Eben diese werden kommen. Auch bin ich gespannt, wie der Wähler auf die zuletzt panische Annäherung der FDP, Grünen und Union an AfD-Positionen reagiert. So las ich vorgestern plötzlich folgende Standpunkte der CDU zum Thema Einwanderung: „Einwanderung muss sich am Bedarf unserer Volkswirtschaft orientieren“, „Dazu wollen wir ein Fachkräftezuwanderungsgesetz“ und „Eine Einwanderung in die sozialen Systeme lehnen wir ab.“ Hört, hört! Alles Pläne, für die man bisher die AfD, welche das seit langem fordert, als Nazis brandmarkte. Ob dieser Schwenk in der Wahlkamptaktik weniger Tage vor der Abstimmung ein geschickter Schachzug war, oder komplett nach hinten losgeht, werden wir am Sonntagabend erfahren.
Nun zur Fed und ihrem gestrigen FOMC-Meeting. Vor dem Hintergrund, dass die amerikanische Notenbank nun bereits seit fast einem Jahrzehnt eine nie dagewesene ultralockere Geldpolitik fährt, war die Sitzung tatsächlich „historisch“. Die Fed wird nämlich, so wurde gestern Abend verkündet, die Bilanz ab Oktober reduzieren. Aus Quantitative Easing (QE) wird jetzt Quantitative Tightening (QT). Dies wird natürlich langsam erfolgen. Die Mathematik dahinter ist für Bären aber logisch. Aufblähungen der Bilanz = Steigende Risikoanlagen, Schrumpfung der Bilanz = Fallende Risikoanlagen! Bullen dagegen glauben, das alles sei bereits eingepreist. Wir werden sehen.
Die Kernaussagen der Notenbanker fiel gestern deutlich „hawkisher“ aus als erwartet. Die Anzahl der Gouverneure, die in diesem Jahr noch eine weiter Zinserhöhung erwarten, stieg auf 11. In 2018 werden 3 Zinserhöhungen erwartet, im Jahr darauf 2 und 1 in 2020. Die Wachstumsprognose für das laufende Jahr wurde auf 2,4% angehoben. Die Wirbelstürme hätten vermutlich keinen größeren Einfluss, so die „Währungshüter“.
Schauen wir, was der Markt in den nächsten Tagen aus dieser Geschichte macht.
Gold und EUR/USD verloren gestern aus dem Stand jedenfalls erstmal rund -1%. Letzteres half dem exportlastigen Dax nachbörslich sogar über die 12.600. Die Aktienindizes an der Wall Street handelten zunächst etwas schwächer, erholten sich dann allerdings wieder (Dow +0,19%, S&P +0,06%, Nasdaq -0,08%). Geben wir den Märkten ein bisschen Zeit, um sich einzunorden, dann sehen wir weiter.
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