- Es ist schon Wahnsinn, was Fed-Chefin Yellen sich da gestern im Rahmen ihrer Rede vor dem US-Kongress leistete. Bullen wie Bären schauten sich zunächst ungläubig an. Was war passiert? Nur zwei Wochen nachdem man mit „hawkisher“ Rhetorik die Märkte auf weiter Zinserhöhungen und eine baldige Bilanzreduzierung vorbereitete und ganz besonders auf die Tatsache hinwies, dass Risikoanlagen überbewertet seien, kam gestern das Zurückrudern. Plötzlich rechnet Yellen offensichtlich nicht mehr damit, dass die Inflationsrate wieder anziehen werde. Des Weiteren sagte sie, dass es nicht mehr sehr viele Zinserhöhungen bedürfte, um auf die sogenannte „neutrale Rate“ zu kommen. Alles in allem war diese Rede somit überraschend „dovish“.
- Auf Twitter überschlugen sich die Marktteilnehmer mit Hohn und Spott. Einige waren richtig wütend. „Making it up as they go along,“ schrieb ein Händler treffend. Ein anderer dazu: „Fed has DETROYED capital markets. Everything is now about tying to decipher the intentions of a group of clueless academics.“ Ein Dritter schrieb: „Last Week: The Fed worried about markets overheating. This week: Janet’s ready to introduce QE4 at any sign of trouble.“ Am besten fasste es aber Richard Brelsow von Bloomberg in seiner Analyse zusammen: „Charts about FOMC meeting outcomes will need virtual reality headsets to deal with the added dimensions.“ Weiter führte er aus: „The Fed has a plan. But in essence has no plan. They have a desire. And the justifications for it vary over time. As does its perceived imperativeness. It’s why they keep telling us all the permutations of the stop and go strategy they say will work. They love sounding smart to themselves. But it all comes out as we hope so. They are so obviously trying to convince themselves rather than the investing community of the efficacy of their actions. Quite the opposite of sounding resolute, they appear unsure. Not what you want in a doctor, fiduciary or central banker.“ Er liegt damit absolut richtig. Die Fed besitzt tatsächlich keine Glaubwürdigkeit mehr.
- Die vom Markt implizierte Wahrscheinlichkeit einer weiteren Zinserhöhung in diesem Jahr fiel wieder auf deutlich unter 50%. Man erwartet jetzt vor Dezember keine Zinserhöhung mehr und darüber hinaus nur noch eine in 2018. Aktien- und Anleihekurse legten deutlich zu. Der Dow Jones verzeichnete ein neues Allzeithoch. Dax und EuroStoxx befinden sich bestenfalls in der Mitte ihrer jüngsten Handelsspanne, der S&P 500 am oberen Ende. Yep, die Bullen meldeten sich gestern zurück. Für die Bären war es ein Tiefschlag. Für einen richtigen Befreiungsschlag muss jetzt allerdings noch mehr kommen. Wer weiss, vielleicht erwartet uns ja jetzt eine QE4 Party.
- In jedem Fall aber hatte der gestrige Tag Potential, Geschichte zu schreiben. Gerade in dem Moment, in dem Yellen sich abermals gegen eine Überwachung der Fed aussprach, hielt ein junger Mann hinter ihr einen Zettel mit der Aufschrift „BUY BITCOIN“ in die Kamera. Fernsehzuschauer, die in diesem Moment blinzelten, verpassten den genialen
Augenblick. Ich bin absolut begeistert, liebe Leser. Als Anhänger der österreichischen Schule, empfand ich in diesem Moment an einem eigentlich traurigen Tag doch noch ein absolutes Hochgefühl. Ich schliesse nicht aus, dass dieses Bild eines Tages die Geschichtsbücher unserer Enkelkinder zieren könnte, lange nachdem das ungedeckte Papiergeldsystem kollabiert ist.
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