- Die „taubenhafte“ Zinserhöhung der Fed zusammen mit dem Wahlsieg Ruttes in Holland führte gestern Vormittag zu einer Erleichterungsrallye in den Risikoanlagen. Ein geschlagener Wilders diente als „Leading Indikator“ für die Wahlen in Frankreich und Deutschland. Da in den nächsten Tagen keine Tretminen zu erwarten sind, die das Marktsentiment kippen könnten, hiess es zunächst also zunächst „risk on“.
- Im Laufe des Tages kamen dann allerdings Diskussionen auf, ob eben diese Marktreaktion richtig, bzw. von der Fed beabsichtig worden sei. Ein Analyst von Goldman meinte beispielsweise, dass Anleger die Rhetorik der Notenbank überinterpretierten und es nicht als „dovish surprise“ verstanden werden sollte. Genau genommen reagierte der Kapitalmarkt in all seinen Facetten bei dieser Zinserhöhung von 25bp so wie er eigentlich bei einer Zinssenkung von 25bp hätte reagieren sollen. Deshalb schreibt der Analyst: „…which in light of concerns about an economic overheating due to Trump’s fiscal policies is precisely the opposite of what Yellen wants.“ Deshalb werde sich die Fed dagegen stemmen und noch mehr an der Zinsschraube drehen, als im Anleihemarkt eingepreist sei, führte er weiter aus.
- Zusätzlich machte dann ein Bericht des Handelsblatts die Runde, in dem EZB-Mitglied Nowotny eine Zinserhöhung in Europa signalisierte. Er schloss nicht aus, dass diese, anders als in Amerika, vor Beendigung der Anleihekäufe stattfinden könnte. Noch interessanter bei der ganzen Sache war, das dabei Bundesbank-Chef Weidmann als möglicher Nachfolger Draghis genannt wurde.
Die Marktreaktion blieb nicht aus. EUR/USD drehte nach anfänglichen Verlusten ins Plus. Die Aktienmärkte gaben einen großen Teil ihrer vorhergehenden Gewinne wieder ab (Dax +0,61%, EuroStoxx +0,90%). Die US-Indizes schlossen anders als am Vortag im Minus. Mit dem Bund Future ging es nach freundlichem Handelsstart wieder bergab (Renditen hoch). - Vor dem Wochenende steht jetzt noch der Optionsverfall an. Dieser könnte für Bewegungen sorgen. Zero Hedge schreib dazu wegen der Gamma-Problematik: ….“Friday’s expiration could change options dealers‘ positions in a manner that could leave them more likely to feed into any uptick in stock market volatility going forward, and after tomorrow, dealers‘ positions in S&P 500 options will change so that any stock market selloff could quickly see dealers boosting volatility as they hedge their positions.“ Auf der anderen Seite schloss der S&P in 2017 an einem Freitag bisher erst einmal im Minus (27.01). Wir werden sehen.
- Abschließend nochmals ein paar Worte zur Wahl in Holland. Als Volkswirt und politisch interessierter Mensch, bleibt mir die Reaktion unseres Establishments ein Rätsel. Auf Platz 1 liegen die nach rechts gerückten Rechtsliberalen. Auf Platz 2 die Rechtspopulisten. Ist ein „Aufatmen“ geschweige denn „Feiern“ ob eines solchen Rechtsrucks tatsächlich angebracht??? Die Herren Gabriel und Schulz begrüßen den Ausgang der Wahl, obwohl gleichzeitig die dortigen Sozialdemokraten bei 5,7% gelandet sind. Das ist ein Minus von 19,1 Prozentpunkten. Wilders hat nun 33% mehr Sitze als vorher. Eine Wahl, bei der die stärkste Partei nur 21% der Stimmen bekommt, ist ausserdem nicht zu beklatschen, sondern eine Katastrophe und verdeutlicht die Spaltung der Gesellschaft in der westlichen Welt.
Schmunzeln musste ich, als gestern zu erfahren war, dass die holländische Regierung nun wieder türkischen Wahlkampf zulasse und gegenüber Ankara versöhnlichere Töne anschlagen werde. Vor der Wahl hiess es noch: „Erdogan ist verrückt!“ Nach der Wahl? Keine Spur von „klarer Kante“. Die Nazi Vorwürfe der türkischen Regierung gegen Rutte & Co spielten keine Rolle mehr. Verteidigungsminister Hennis-Plasschaert liess die erstaunte Presse wissen, dass man Spannungen mit der Türkei gerne abbauen würde. Mein Gott, riecht das alles nach einer Inszenierung in Rotterdam!
Vollkommen treffend fasste ein Beobachter auf Twitter zusammen: „Geert Wilders party is now the second largest in Holland. Keep avoiding the issues that caused this and watch what happens next.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
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