- Die Märkte bleiben von Gerüchten getrieben. Gestern hallte das vom Vorabend nach, wonach die EZB die Reduzierung ihre Anleihekäufe in Erwägung ziehe. Trotz eines Dementis des Pressesprechers, reagierten Aktien und Anleihen auf diesen „Taper Talk“ verschnupft (Dax -0,32%, EuroStoxx -0,11%, Bund Future -107 Ticks). Die amerikanischen Aktienindizes handelten nach zwei schwachen Tagen dagegen freundlicher (Dow +0,62%, S&P +0,43%). Der einflussreiche Anleihe-Gigant Bill Gross verkündete, er habe seine Anleihebestände aufgrund dieser Headlines entsprechend in der Duration angepasst (verkürzt) und damit das Zinsänderungsrisiko heruntergefahren. Das ist interessant!!!
- Ähnlich wie jüngst bei der „Reverse Twist“-Aktion der BoJ und bei der Fed im Jahre 2013, riecht es nach dem gestrigen Gerücht mal wieder ein bisschen nach „Taper Trantrum“ und Testballon. Letzteres soll wohl den strauchelnden Banken helfen. Sie benötigen für ihr Brot und Buttergeschäft dringend eine steilere Zinskurve.
Steht uns jetzt tatsächlich eine Marktphase bevor, in dem die Anleiherenditen wieder steigen (Kurse fallen)? Kurzfristig könnte das Bankaktien zwar stützen, aber auf Dauer sind höhere Renditen Gift für den Aktienmarkt. - Es handelt sich hierbei mal wieder um ein Ereignis welches aufzeigt, dass wohl auch in den Vorstandsetagen der Zentralbanken die Effektivität der lockeren Geldpolitik zunehmend in Frage gestellt wird. Ein weitere Anleihe Legende, Jeff Gundlach, sagte, man könne nicht versuchen, die Wirtschaft zu retten und dabei aber gleichzeitig das Finanzsystem killen.* Nun kann man natürlich darüber streiten, ob die Zentralbanken die letzten Jahre versuchten die Main Street auf Kosten der Wall Street zu retten, oder umgekehrt. Ich denke eher Letzteres ist der Fall. Trotzdem verdeutlicht Grundlach das Dilemma in dem die Zentralbanken stecken. Die QE/NIRP/ZIRP/TWIST/ESM-Aktionen seit 2009 haben uns zwar mehrfach vor etwas ganz Schlimmen bewahrt (Depression/Kernschmelze der Märkte), aber eben gleichzeitig den Geschäftsbanken/Sparern/Steuerzahlen die Luft zum Atmen genommen.
- Gundlach geht übrigens davon aus, dass die Deutsche Bank vom Staat gerettet werden würde, fragt sich aber, wie das mit der ebenfalls strauchelnden Credit Swiss gehen soll. „Deutsche Bank will be supported by Germany if push comes to shove. But what about Credit Suisse, which has shown a similar decline in stock price? Who’s there to bail them out.“ Ich habe bei den Kapazitäten Deutschlands schon so meine Bedenken. Es stimmt allerdings, dass die Schweiz eine solche Rettung keinesfalls schultern könnte.
- Man sucht also vielleicht doch mittlerweile nicht nur bei der Fed, sondern auch bei der BoJ und EZB hinter verschlossenen Türen nach einem Exit. Sollten Marktteilnehmer anfangen zu glauben, dass sich die Politik des billigen Geldes tatsächlich dem Ende neigt, wird es ungemütlich an den Märkten werden. Die vom Markt implizierte Wahrscheinlichkeit für einen „Fed-Hike“ im Dezember stieg gestern erneut an. Sie liegt derzeit bei 65%. Das war hauptsächlich den starken Makrodaten geschuldet, die gestern veröffentlicht wurden (ISM, Industrieaufträge, PMI). Die Wall Street reagierte erstmal verhalten positiv auf das Datenmaterial. Wie lange noch, wenn das die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung nach oben treibt?
Ein Schneeballsystem bröckelt nicht erst dann, wenn kein weiteres Geld mehr fliesst (in unserem System: Stopp der Anleihekäufe, oder unveränderte Leitzinsen), sondern bereits dann, wenn nicht mit exponentieller Geschwindigkeit immer weiter gemacht wird (….immer stärker fallende Zinsen, oder immer mehr Anleihekäufe). Alleine schon die Aussicht, dass die EZB etwas weniger Anleihen pro Monat kaufen könnte, kommt bei den Junkies an den Märkten für Risikoanlagen überhaupt nicht gut an.
*Genauer Wortlaut: „You cannot save your faltering economy by killing your financial system and one of the clear poster children for this is Deutsche Bank’s stock price. If you keep these negative interest rates policies for a sufficient future period of time you are going to bankrupt these banks.“