- Nach dem schwachen Donnerstag, setzte die Wall Street auch am Freitag ihre Talfahrt fort. Zum Dax-Closing (-1,21%) hatte der S&P Index bereits 20 Punkte zum Vortag abgegeben, danach kamen vor dem eigenen Closing nochmals -16 dazu. Das sind -65 Punkte seit dem Fed-Hoch. Das „bärische Überdeckungsmuster“ (s. Fr. Kommentar) wurde mit einer roten Kerze am Freitag bestätigt. Wir haben damit ein weiteres Verkaufsignal in der Technik vorliegen. Das Closing selbst lag mit 2.005 Punkten unter den 2.012 des vorhergehenden Freitags. Die wichtige Unterstützungszone um die Marke 2.000, wird nun nach Oktober (1x), November (2x) und Dezember (2x) ein weiteres Mal getestet. Es wird kritisch für die Bullen. Nachbörslich lag die Indikation im S&P zwischenzeitlich bereits unter der 2.000. Ein Wochenschluss am Tagestief war ohnehin keine gute Basis für die beiden vor uns liegenden verkürzten Handelswochen und ……dem Jahresultimo.
- Zu den großen Makro-Treibern (Fed Zinserhöhungszyklus, starker $, schwache Öl-Notierungen, Rezession, Deflation), gesellten sich am Freitag auch Mikro-Themen, welche auf die Stimmung drückten. Der ehemalige Börsenliebling & Indextreiber Apple verlor -2,7% (seit 01. Dezember satte -10%). Es droht hier eine bärische Schulter/Kopf/Schulter-Formation mit deutlich tieferen Kurzzielen. Finanztitel handelten trotz Zinserhöhung schwach (Goldman -3,9%, auch hier SHS-Formation). Disney fällt -3,96% nach einer Analysten-Herabstufung, trotz Star Wars Hype. Boeing widerfährt ebenfalls eine Herabstufung und fällt -4,17%. CarMax rutscht um -6,3% nach enttäuschenden Zahlen zum Umsatz & Gewinn. Letzteres schürte die Sorgen um die amerikanische Autoindustrie als Ganzes. Die Verfehlung des Unternehmens brachte ausserdem den Dow Jones Transport Index (Trannie) ins rutschen. Er umfasst die 20 größten amerikanischen Transportunternehmen und gilt als Frühindikator für die gesamte US-Konjunktur. Zu guter Letzt kamen Regionalbanken mit Öl/Energy „Credit-Exposure“ unter Abgabedruck (Hancock, Comercia Inc., Third Bancorp, Regions Financial Copr u.a.).
- Mein „best case“-Szenario für 2015 selbst (S&P auf Jahresbasis unverändert = Schlusskurs am 31.12. 2.050/2.060), welches im Vergleich zum Konsens der Analysten ohnehin schon sehr pessimistisch ist, wirkt nun plötzlich recht ambitiös. Kommt es jetzt etwa zu meinem „worst case“-Szenario, einer starken Abwärtsbewegung in den Januar hinein???
75% der Einzeltitel im breit gefassten NYSE Composite Index handeln mittlerweile unter ihrer 200 Tagelinie. Das ist alles andere als bullisch. Kurz vor Jahresschluss ist auch ein Blick auf den Monatschart im Candlestick wichtig. Der NYSE Index mit all seinen brutalen Divergenzen im RSI und MACD und dem Durchbruch seines Aufwärtstrendkanals nach unten, handelt gerade zwischen seiner 25 und 50 gleitenden Monatsdurchschnitte. Die Bullen brauchen als lebenswichtige Maßnahme zum 31.12. einen Jahresclosing über dem 25 Monatsdurchschnitt. Ein Schluss unter dem 50 Monatsdurchschnitt wäre „outright bearish“. - Am Freitag hatten wir den Optionsverfall (OPEX). Hierzu ein Gedankengang. Viele Puts (Verkaufsoptionen zur Absicherung bestehender Aktienpositionen) sind damit wertlos verfallen. Die Gegenparteien dieser Geschäfte (Verkäufer der Puts), die ihr Delta während der Laufzeit „hedgen“ mussten (S&P über eine Shortposition im S&P Future), haben mit dem Verfall ihre Absicherung aufgelöst (Shortposition glattgestellt). Diese Transaktionen boten eine gute Unterstützung (Floor) für die Indizes. Eben dieser Floor ist jetzt weg! Die Abwärtsdynamik des Aktienmarktes könnte sich ohne diesen Effekt in den kommenden Tagen verstärken.
- Nun, wie bereits beschrieben, brauchen die Bullen extrem schnell einen Befreiungsschlag nach oben in den Indizes, der all die lang-, mittel- und kurzfristigen Verkaufssignale in der Charttechnik negiert. Sie haben eine letzte Chance. Die zweite Dezemberhälfte ist saisonal eine extrem gute Phase für Aktien. Wie stark dieser Effekt der „Santa Rally“ ist, sieht man beispielsweise daran, dass wir letztmalig in den Jahren 1974 und 2000 im Dezember an einem Donnerstag und Freitag Kurverluste von mehr als 1% hatten. Letzte Woche war das der Fall (S&P Do. -1,5%, Fr. -1,78%). Der Montag danach war übrigens in beiden Fällen positiv (1974 +0,91%, 2000 +0,81%). Ich denke aber, dass es schon fast magisch zugehen müsste, um das in den verbleibenden Tagen des Jahres 2015 erleben zu dürfen. Wobei ich eingestehen muss, dass auch mich die „unsichtbare Hand“ schon ein ums andere Mal aus den Bärenträumen gerissen hat. Ich träume weiter, die Bullen beten mittlerweile.
- Märkte am Morgen: Nach 10 Tagen der Abwertung, lassen die Chinesen ihren Yuan marginal aufwerten. Der Ölpreis fällt im asiatischen Handel auf den tiefsten Stand seit 2004. Die asiatischen Aktienmärkte handeln uneinheitlich.